Energiekrise: Eingemottete Kohlekraftwerke können nur schwer und im "worst case" aus dem Tiefschlaf geholt werden.
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Der Jubel war groß, als vor zwei Jahren das letzte heimische Kohlekraftwerk in Mellach stillgelegt wurde. Der Eigentümer, die teilstaatliche Verbund AG, sprach vom "Ende der Ära der Kohlestromversorgung". Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Umwelt-NGOs jubelten. Das einstige Kohlekraftwerk wurde zum Erdgaskraftwerk umgerüstet und wird immer wieder kurzzeitig zur Engpassvermeidung und überregionalen Stromnetzstützung abgerufen. Das passiert etwa an besonders trockenen Tagen, wenn der Wasserspiegel sinkt oder wenn zu wenig Wind weht, um genug Strom zu erzeugen.
Jetzt, zwei Jahre später, wird der Energiemix in Österreich wieder neu gemischt. Die anhaltend hohen Energiepreise, der Krieg in der Ukraine und die hohe Abhängigkeit von russischem Gas zwingen die Energieversorger und die Politik dazu, sich nach Alternativen umzuschauen. In Deutschland will die Ampelkoalition wegen des Krieges und des drohenden Gaslieferstopps nun die Laufzeit von Kohlekraftwerken verlängern. In Österreich haben Energieversorger zwar eine kurzzeitige Rückkehr zur Kohlekraft geprüft. Eine offizielle Anfrage seitens der zuständigen Ministerien oder der E-Control gab es dem Vernehmen nach aber nicht.
Kohle als "worst case"
"Verbund hat die Kohleverstromung am Standort Mellach bereits 2020 beendet. Für den Fall des worst case - einem plötzlichen Gas-Lieferstopp - wäre die Reaktivierung unseres ehemaligen Kohlekraftwerks in Mellach technisch zwar machbar, aber mit hohen finanziellen und organisatorischen Aufwänden verbunden. So haben wir am Standort naturgemäß keine Kohle mehr gelagert und auch kein Personal mehr", erklärt Unternehmenssprecherin Ingun Metelko auf Nachfrage. Und: Damit in Österreich wieder ein Kohlekraftwerk ans Netz geht, brauche es eine klare politische Entscheidung.
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Ähnlich Töne schlägt auch der niederösterreichisches Energiebetreiber EVN an. Verbund und EVN haben unter gemeinsamer Beteiligung das Kohlekraftwerk in Dürnrohr betrieben (siehe Grafik). 2015 stellte der Verbund seinen Block quasi ruhend, 2019 stieg auch die EVN aus der Kohleenergie aus und führte eine Betriebsunterbrechung durch. Das kommt einer Stilllegung gleich. "Eine Reaktivierung würde viele Monate dauern, bevor es wieder Strom ins Netz liefern könnte", erklärt EVN-Sprecher Stefan Zach. Und: Es fehlen das Fachpersonal, Teile der Umwelttechnik und auch die Kohle am Standort. Zudem sind die Preise für Kohle nach dem EU-Lieferstopp für russische Kohle am Weltmarkt gestiegen, in der EU wird auch immer weniger Kohle abgebaut.
Miese Klimabilanz
Bei der Kohleverbrennung entsteht um 70 Prozent mehr CO2 als bei der Gasverbrennung. Deshalb haben viele EU-Länder im Rahmen ihrer Klimaziele einen Ausstieg aus der Kohlekraft beschlossen. Erdgas, dessen Klimabilanz etwas besser als jene der Braun- und Steinkohle ist, sollte deshalb im Zuge der Transformation in Richtung nachhaltiger, klimaneutraler Energiegewinnung verstärkt zum Einsatz kommen.
In Österreich kommen 80 Prozent des verbrauchten Gases aus Russland. Im Falle eines Gaslieferstopps ist dieser Anteil kurzfristig nicht zu ersetzen, weshalb die Bundesregierung derzeit an einem Notfallplan arbeitet. Eine Anfrage, ob man auch über eine Reaktivierung der Kohlekraft nachdenkt, blieb seitens des Umweltministeriums bis Redaktionsschluss unbeantwortet.