EU-Kommission lobt Fortschritte bei Umsetzung des Flüchtlingsabkommens - obwohl ihre Ziele höher gesteckt waren.
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Brüssel. Am Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei soll es kein Rütteln geben. Zumindest findet das die EU-Kommission. Die Brüsseler Behörde verteidigte einmal mehr bei einer Zwischenbilanz die Vereinbarung: Bei deren Umsetzung seien gute Fortschritte zu verzeichnen, heißt es in dem Bericht. So sei die Zahl der illegalen Einreisen über das ägäische Meer nach Griechenland deutlich gesunken. Waren es im Februar noch an die 2000 Menschen, die täglich übersetzten, kamen im April und Mai teilweise nicht einmal mehr hundert Migranten pro Tag an. Allerdings gelangten im Juni an manchen Tagen mehr als 200 Schutzsuchende auf die griechischen Inseln.
Den türkischen Behörden bescheinigt die EU-Kommission jedenfalls den Willen zur Kooperation. Daran ändern auch die politischen Spannungen wenig, die etwa durch die in Ankara mit Empörung hingenommene Resolution des deutschen Bundestages über den Völkermord an Armeniern im Osmanischen Reich ausgelöst wurden. Dass in der heiklen Phase der deutsche EU-Botschafter zurückgetreten ist, habe ebenso wenig Auswirkungen wie Drohungen aus der Türkei, das Abkommen für ungültig zu erklären. Zu Aussagen von Politikern wolle er sich nicht äußern, kommentierte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos: "Das ist nicht unsere Aufgabe." Diese sei vielmehr, die Vereinbarung umzusetzen.
Ringen um Reisefreiheit
Teil davon ist allerdings eine Beschleunigung des Prozesses der Visaliberalisierung. Doch die von den Türken schon für den Sommer ersehnte Reisefreiheit wird noch auf sich warten lassen. Erst in der Vorwoche haben die Innenminister der EU eine Entscheidung dazu vertagt. Noch hat Ankara nämlich nicht alle Bedingungen für die Aufhebung der Visumspflicht erfüllt. Und sie hat es auch nicht vor. Denn zu den Forderungen gehört eine Änderung der Anti-Terror-Gesetze, die so weit ausgelegt werden können, dass die Behörden selbst gegen Regierungskritiker und Oppositionelle vorgehen können.
Diese Möglichkeit wurde zu einer Zeit geschaffen, als die türkische Armee sich Kämpfe mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) lieferte und jegliche Kritik daran wie an den Menschenrechtsverletzungen gegenüber der kurdischen Minderheit im Keim erstickt werden sollte. Zwar sind in den letzten Jahren Schritte unternommen worden, um die Lage der Kurden im wirtschaftlich und gesellschaftlich lange vernachlässigten Südosten des Landes zu verbessern, doch sind die Gefechte neu entbrannt. Hinzu kommt, dass in mehreren türkischen Städten schon hunderte Menschen bei Terroranschlägen von Islamisten umgekommen sind. In dieser Situation die harten Gesetze zu ändern, kommt für Ankara nicht in Frage.
Hürden gibt es aber auch für andere Teile des EU-Türkei-Deals. Die Umsiedlung von syrischen Asylwerbern aus der Türkei in die Union geht nämlich nur schleppend voran. Seit Anfang April wurden 511 Flüchtlinge ausgeflogen. Aus Griechenland wurden umgekehrt 462 Menschen, die dort keinen Asylantrag gestellt hatten, ins Nachbarland zurückgeschickt. Dennoch bleibt die Zahl der Umsiedlungen generell weit hinter den Erwartungen der Kommission zurück.