Wahlbetrug kommt in Österreich nur selten vor - ein spektakulärer Fall 2010.
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Wien. Die Aktion kann wohl getrost als dreist bezeichnet werden. Bei der burgenländischen Landtagswahl 2010 manipulierte der Bürgermeister der knapp 700-Seelen-Gemeinde Unterrabnitz-Schwendgraben im Burgenland 13 Wahlkarten. Wilhelm Heissenberger (ÖVP) gab vor der Korruptionsstaatsanwaltschaft zu, dass er Unterschriften auf den Anträgen auf Ausstellung der Wahlkarten und teils auch auf den Karten selbst gefälscht habe. Auch soll er die Wahlkarten erst nach dem offiziellen Wahlschluss zur Post gebracht haben. Nicht nur, dass Heissenbergers Tat völlig unwesentlich für das Wahlergebnis der Volkspartei war, er musste dann freilich auch seinen Sessel als Bürgermeister räumen und wurde wegen Amtsmissbrauchs zu sechs Monaten bedingter Haft und 7200 Euro Geldstrafe verurteilt.
Ja, Wahlbetrug gibt es also auch in Österreich. Allerdings war der Fall Unterrabnitz der wohl spektakulärste der Zweiten Republik. Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk geht noch weiter: "Größere Unregelmäßigkeiten hat es in Österreich nie gegeben, nicht einmal in der Ersten Republik." Abgesehen von der Scheinabstimmung über den Anschluss an NS-Deutschland 1938.
Auch der Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, Robert Stein, erklärt, dass es in Österreich kaum Fälle von Wahlbetrug gebe - auf Bundesebene habe es in den vergangenen Jahren nicht einmal einen Verdacht in diese Richtung gegeben. "Kein Schiff ist unsinkbar", sagt er - aber "unser System ist sehr sicher". Konkret sitzen bei einer Wahl sowohl Gemeindevertreter als auch Vertreter der Parteien (je nach letztem Wahlergebnis als stimmberechtigte Mitglieder der Wahlkommission oder als Vertrauenspersonen) im Wahllokal. Die Urne wird ständig von sechs bis zehn Personen bewacht, daher würden Wahlurnen in Österreich auch nicht plombiert. Gibt es bei der Auszählung der Stimmen Unklarheiten - das ist meist dann der Fall, wenn der Wählerwille auf dem Stimmzettel nicht eindeutig erkennbar ist -, dann entscheidet die Wahlkommission per Mehrheitsbeschluss. Dabei ist sie aber an die Wahlordnung gebunden, im Falle einer Anfechtung prüft der Verfassungsgerichtshof.
Betrugsvorwürfe gab es 2010 auch im Zusammenhang mit der Wiener Gemeinderatswahl. Damals war von Wahlkarten-Sammelbestellungen für Geriatrie-Patienten die Rede. Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 wurden die Lücken in Bezug auf die Briefwahl, die laut Funk eine Einladung zum Wahlbetrug darstellen, geschlossen. Bei der nächsten Wahl müssen Karten nicht nur bis 17 Uhr am Wahltag eingelangt sein, auch können sie künftig nur mit Identifizierung - etwa durch die Passnummer - beantragt werden. Personen in Pflegeheimen kann die Wahlkarte künftig nur noch persönlich zugestellt werden. Diese Regelungen gelten zwar nur für bundesweite Wahlen, viele Länder ziehen aber mit ihren Wahlordnungen nach.
Doppelt wählen möglich
Apropos Länder: Im Burgenland und in Niederösterreich können bei Landtags- und Gemeinderatswahlen auch Personen wählen, die lediglich ihren Nebenwohnsitz dort haben. Auch das hat zu kleineren Betrugsfällen geführt. Durch die Einführung des Zentralen Melderegisters, auf dem die Wählerevidenz aufbaut, können Doppeleintragungen aber großteils vermieden werden.
Eine weitere mögliche Quelle von Wahlbetrug ist das E-Voting, das bei der ÖH-Wahl 2009 zum Einsatz kam. Dies wurde später vom Verfassungsgerichtshof gekippt. "Wenn es richtig implementiert ist, sollte Betrug ausgeschlossen sein", sagte Stein dazu. Anders als mit normalen Stimmzetteln könne hier aber das Ergebnis nur schwer überprüft werden. Der Fall von Unterrabnitz-Schwendgraben wäre mit E-Voting vielleicht nie aufgeflogen.