Die Mehrwertsteuer-Erhöhung auf Übernachtungen von 10 auf 13 Prozent hat Tourismusbetriebe kalt erwischt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. "Django spiel mir das Lied vom Wirtetod" ist - in Anspielung auf den Spitznamen von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner - auf einem Schild zu lesen, mit dem eine Demonstrantin ihren Unmut über die Steuerreform kundtut. "Kein Schnitzel für Politiker" rufen hunderte Hoteliers und Wirte, ausgerüstet mit Kuhglocken und Megafonen, am Dienstag vor dem Bundeskanzleramt. Die Proteste sind auch drinnen zu hören, wo die Regierung beim Ministerrat die Punktation zur Steuerreform vorlegt.
Die Anhebung der Mehrwertsteuer von 10 auf 13 Prozent für Übernachtungen zur Gegenfinanzierung der Steuerreform hat die Tourismusbranche kalt erwischt. "Die Belastung durch die Mehrwertsteuer-Erhöhung ist fatal, da die Hotels ihre Preise ohnehin schon knapp kalkulieren", sagt David Eggler, der für die Kundgebung mit dem Nachtzug von Vorarlberg nach Wien angereist ist. "Wir stehen in Konkurrenz mit Deutschland und der Schweiz und können unsere Dienstleistung nicht auslagern", so Eggler, dessen Familie ein Hotel in Zürs führt. "Das Geld wird uns vom Gewinn genommen", sind drei Hoteliers aus Flachau davon überzeugt, dass sie die Steuererhöhung nicht zur Gänze auf den Endpreis aufschlagen können.
Preiserhöhungen schwierig
"Wir stehen fassungslos da", sagt Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Man habe sich auf die Aussage von Finanzminister Hans Jörg Schelling verlassen, dass die Mehrwertsteuer in der Beherbergung nicht verändert werde.
Auch Tourismus-Spartenobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher ist enttäuscht: "Weitere Belastungen sind unzumutbar", verweist sie auf Umbauten im Zuge des Rauchverbots und des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie Kosten für die Allergenkennzeichnung. Die Anhebung der Mehrwertsteuer etwa für Nächtigungen, Kinotickets und Museen soll insgesamt 250 Millionen Euro einbringen. Die Hoteliers sehen 100 Millionen Euro an Belastung.
Dass die Regierung die Mehrwertsteuer auf Beherbergung nun erst ab 1. April 2016 (und nicht schon zu Jahresbeginn) anhebt, ist für die Branche ein schwacher Trost. "Unsere Wettbewerbsposition in Europa und auch weltweit wird immer schlechter", sagt Reitterer. Deutschland hebt seit 2010 nur 7 statt 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Beherbergungsleistungen ein, die Schweiz 3,8 Prozent.
"Unternehmen trifft die Anhebung der Mehrwertsteuer hart. Sie müssen sich entscheiden, ob sie in den sauren Apfel beißen und die Kosten selbst tragen oder ob sie diese durch höhere Preise an Konsumenten weitergeben. Allerdings wird das in vielen Branchen nicht möglich sein", sagt Ingrid Rattinger, Partnerin und Mehrwertsteuerexpertin bei EY.
Die Tourismusvertreter rechnen damit, dass sie 60 Prozent der Mehrwertsteuer-Erhöhung auf den Endpreis aufschlagen können und 40 Prozent selbst tragen müssen. "Die Mehrwertsteuer-Erhöhung wird mindestens die Hälfte der Betriebe in die Verlustzone bringen", erwartet ÖHV-Co-Präsident Georg Hoch. Wie ein Bilanzvergleich der Hotel- und Tourismusbank zeigt, lag das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in der 4- und 5-Stern-Hotellerie 2013 im Median bei zwei Prozent vom Umsatz, bei 3-Stern-Betrieben bei fünf Prozent.
Hohe Kosten sieht Gastronomie-Obmann Helmut Hinterleitner auf kleine und Kleinstbetriebe durch die Registrierkassenpflicht zu kommen. Diese gilt ab 2016 für Betriebe ab 15.000 Euro Netto-Jahresumsatz, die überwiegend Bar-Umsätze machen. Für die Anschaffung einer Registrierkasse hat die Regierung eine Prämie von 200 Euro vorgesehen, die Aufwendungen können im Jahr der Anschaffung abgesetzt werden. Die Kassen würden mehr kosten, rechnet Hinterleitner mit einigen tausend Euro pro Betrieb. Die Steuerreformkommission ging für die Kasse von Preisen ab 100 Euro und für die Smartcard von 30 bis 50 Euro aus.
Keine Kassen für Vereinsfeste
Der Gastro-Obmann fordert, dass auch für Veranstaltungen von Vereinen Registrierkassen Pflicht sind. "Hier kann sich der Staat Geld holen." In der Punktation der Regierung heißt es jedoch, dass kleine Vereinsfeste weiterhin mit Kassasturz aufzeichnen können. Auch für Maronibrater und Eisstände gilt eine Ausnahme bis 30.000 Euro Umsatz (Kalte-Hände-Regelung). Präzisierungen hat Mitterlehner bei der Abschreibung von Gebäuden und bei der Grunderwerbsteuer in Aussicht gestellt, um Belastungen für Familienbetriebe zu vermeiden. Der einheitliche jährliche Abschreibungssatz von 2,5 Prozent verlängert die Abschreibungsdauer von Gebäuden von 33,33 auf 40 Jahre. Das sei weltfremd, so die Spartenobfrau: "Ich wünsche unseren Ministern viel Spaß in einem 40 Jahre alten Wellnessbereich."