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Kein Schulstart wie damals

Von Sabir Ansari

Gastkommentare
Sabir Ansari ist Vorsitzender der Bundesjugendvertretung, der gesetzlichen Interessenvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich (www.bjv.at).
© BJV / Kundrat

Schule braucht mehr als Diskussionen um Heizkosten und Corona-Zahlen.


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Mit Beginn dieser Woche hat an allen Schulen in Österreich wieder der Unterricht begonnen. Für mehr als eine Million Kinder und Jugendliche heißt es nun: Die Ferien sind vorbei, zurück in die Klassenzimmer. Es ist der dritte Herbst in einer Pandemie. Die Corona-Situation in Österreich ist zwar nicht mehr so angespannt, aber ist es ein Schulbeginn wie früher?

Leider sind die Herausforderungen dafür zu groß. Heuer dürfen sich die Kinder und Jugendlichen zwar über einen Schulstart ohne Masken und Pflichttestungen freuen, doch es gibt eine neue Regelung, die für Unsicherheit sorgt. Infizierte dürfen auf einmal in den Klassen sein - sowohl vor der Tafel als auch hinter der Schulbank. Was man bis jetzt tunlichst vermeiden wollte, wird plötzlich zum Normalzustand erhoben. Zu befürchten ist, dass dieses gewagte Experiment zu Lasten der Gesundheit geht. Da Schulen bis jetzt noch nicht mit PCR-Tests ausgestattet sind, können sie auch nicht unmittelbar auf ein Ansteigen von Infektionszahlen reagieren. Aber nur so kann ein Schließen von Klassen oder gar von ganzen Schulen verhindert werden.

Selbst wenn der kommende Pandemieherbst mild verlaufen sollte, blicken viele ohnehin sorgenvoll auf dieses Semester, denn die Corona-Pandemie ist nicht die einzige Krise. Mehr Familien denn je wissen nicht, wie sie sich angesichts der Teuerung Schulmaterialien, -beiträge und -ausflüge leisten sollen.

Begleitet werden diese Herausforderungen von einem massiven Personalmangel im Bildungsbereich und einer Energiekrise, die auch vor der öffentlichen Versorgung nicht Halt macht. Bis jetzt heißt es zwar, Schulen seien von der vorgesehenen 19-Grad-Grenze für die Beheizung ausgenommen. Wenn wir aber eines in den vergangenen Jahren gelernt haben, dann das: Alle politischen Versprechen können sich schnell ändern, wir können uns diesbezüglich nicht in Sicherheit wiegen.

Die Folgen sind dramatisch: Die psychische Gesundheit junger Menschen verschlechtert sich stetig. Angebote zur Prävention und Versorgung sind immer noch völlig unzureichend. Mit psychischen Belastungen und Lernrückständen im Rücken, Corona weiter über unseren Köpfen schwirrend, starten wir also in den Herbst. Wie gehen wir mit all diesen Themen um? Den Kopf in den Sand zu stecken ist jedenfalls nicht unsere Antwort. Wir glauben an unsere Zukunft und wollen diese mitgestalten, auch im Bildungsbereich, wo wir uns einen stärkeren Fokus von der Politik erwarten.

Besonders die Schulen müssen für die gegenwärtigen Herausforderungen gerüstet sein und Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellen. Diese brauchen eine gute Lernumgebung und individuelle Förderung, aber auch psychische Unterstützung und einen abwechslungsreichen Unterricht, der nicht nur im Klassenzimmer stattfindet. Nach zweieinhalb Jahren Ausnahmezustand haben sich die Schülerinnen und Schüler mehr verdient als einen Schulalltag zwischen Diskussionen um Heizkosten und Corona-Zahlen. Die Lösung für warme Klassenräume darf keinesfalls ein Sparen bei Unterstützungspersonal oder Schulaktivitäten sein. Die braucht es nämlich heute mehr denn je.