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Kein Sommer wie damals

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Wifo: Die Sommersaison wird das Vorkrisenniveau nicht erreichen. Der ganze Sektor ist im Umbruch.


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Eigentlich sind die Hotellobbys zu dieser Zeit voll. Touristen stehen am Frühstücksbuffet an, vor Museen und Sehenswürdigkeiten bilden sich lange Warteschlangen. Das ist heuer – zum zweiten Mal in Folge – anders. "Die internationalen Touristen werden wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen", sagt Michaela Reitterer, Betreiberin des Boutiquehotels Stadthalle und Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Am Wochenende würden immer mehr Gäste kommen. Unter der Woche spüre man aber nach wie vor den Ausfall bei Geschäftsreisenden und Kongresstouristen.

Die Tourismusbranche hat in der Pandemie besonders stark gelitten. Die Wintersaison war Lockdown- und Corona-bedingt ein Totalausfall und auch die Sommersaison wird wohl nicht an das Vorkrisenjahr herankommen. "Wir erwarten auch heuer keine vollständige Erholung", sagt Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) zur "Wiener Zeitung".

Das Wifo rechnet in seiner aktuellen Prognose mit rund 16 Prozent weniger Nächtigungen gegenüber der Sommersaison 2019. Das wären in Summe etwa 42 Millionen Nächtigungen. Gegenüber dem Vorjahressommer steigen diese allerdings um geschätzte 22,5 Prozent an. Während die Reisetätigkeit von Mai bis Juli noch deutlich eingeschränkt ist, soll der Tourismus mit fortschreitender Durchimpfungsrate ab August wieder deutlich an Fahrt aufnehmen.

Hoffen auf Inlandstouristen

"Wir gehen auch heuer davon aus, dass es eine positive Entwicklung bei den Inlandstouristen geben wird", erklärt Fritz. Diese werde aber nicht so stark ausfallen wie im Vorjahr. 2020 haben besonders viele Menschen in Österreich Urlaub gemacht, die normalerweise ans Meer gefahren wären; wegen der Reisebestimmungen und aus Angst vor einer Ansteckung.

"Wir sehen in Umfragedaten aber, dass diese Gäste weniger zufrieden mit dem Österreich-Urlaub waren als zum Beispiel die Stammgäste", so Fritz. Man habe versucht, Bedürfnisse wie etwa den Strandurlaub hierzulande zu kompensieren und war dann zum Beispiel wegen kürzerer Öffnungszeiten von Geschäften oder den Preisen enttäuscht, "weil die Leute eigentlich woanders hin wollten".

Über das ganze Jahr gerechnet fallen die Nächtigungen heuer um circa 40 Prozent geringer aus, als 2019. Eine Wintersaison gab es mit minus 90 Prozent beim Umsatz de facto nicht. Bei den ausländischen Gästen war der Einbruch mit minus 97 Prozent sogar ein Totalausfall.

Die Umsatzeinbußen wird wohl auch die Sommersaison nicht kompensieren können. Während heuer wieder mehr Touristen aus den EU-Ländern erwartet werden, fallen die Fernmärkte wie China oder die USA wegen der weiterhin bestehenden Reisebeschränkungen weitestgehend aus. Veranstaltungen und Kongresse fallen zum Teil auch aus, was wiederum weniger Touristen vor allem in die Städte lockt.

Rückkehr zu Normalität offen

"Bis zur Pandemie war der Tourismus eine Wachstumsbranche", erklärt Fritz. Corona hat der Reisetätigkeit dann ein abruptes Ende gesetzt. Ob und vor allem wann es wieder so wird wie früher, ist unklar. Dabei nennt Fritz zwei Unsicherheitsfaktoren. Im Zuge der Klimadebatte werden wohl Flüge teurer beziehungsweise Kurzstreckenflüge eingeschränkt. Weniger Billigflüge bedeuten wohl auch weniger Städte- und Kurztrips.

Und auch die Geschäftsreisen werden nicht in dem Ausmaß zurückkommen, wie vor Corona, meint Fritz. Viele Firmen haben im Zuge des Lockdowns ihre IT ausgebaut, Besprechungen und Konferenzen auch länderübergreifend online abgehalten. Vieles davon wird wohl bleiben. "In der Früh nach Brüssel fliegen für eine zweistündige Sitzung und am Abend wieder zurück, das wird es wohl nicht mehr so häufig geben", meint der Ökonom.

In der Branche hofft man durch den Grünen Pass für Geimpfte, Genesene und Gestete das Reisen wieder zu erleichtern. "Der Juli ist buchungstechnisch noch zögerlich. Aber für August und September sieht es gut aus", sagt Susanne Kraus-Winkler vom Fachverband Hotellerie in der Wirtschaftskammer. Sie hofft auf eine baldige Umsetzung des Grünen Passes und einheitliche Corona-Bestimmungen in der EU. Bei Touristen aus dem EU-Ausland sei nach wie vor offen, welche Impfstoffe für die Einreise anerkannt werden.