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Kein Spiel: Sesselrücken im Büro

Von Claudia Peintner

Wirtschaft
Arbeitsplatz der Zukunft: Tisch und Sessel haben keine fixen Besitzer. Foto: corbis

Platzwechsel unter Kollegen für ein besseres Betriebsklima. | Flexibler Ort zum Arbeiten: Auf Kosten der Wertschätzung? | Wien. Was tun Unternehmen nicht alles, um frischen Schwung ins Betriebsklima zu bringen: Bunte Aquarelle werden aufgehängt, Grünpflanzen finden Einzug um das Miteinander mit den Arbeitskollegen zu verbessern, die Arbeitsfreude zu steigern.


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Auch extra auf Betriebe ausgerichtete Wünschelrutengeher wurden dabei gesichtet, wie sie Büroräume auf negative Energiequellen durchforsteten und anschließend energetische Kugeln im Aktenschrank positionierten.

"Worauf man dabei aber meist vergisst ist, wie die Menschen räumlich zueinander angeordnet sind", erläutert Christian Eberhardt vom Personalberater Heidrick & Struggles. Die moderne Architektur der Großraumbüros nütze wenig, wenn "Nestbauten und strenge Revierverteilungen unter den Mitarbeitern" das Wohlbefinden im Team blockieren würden.

Neuer Platz, neuer Blick

Dies dachte sich wohl auch Dagmar Hackl, Rektorin der neu gegründeten Pädagogischen Hochschule Wien. Als sie 2007 vor der Aufgabe stand, vier verschiedene Institutionen der Lehrerausbildung unter einem Dach zu vereinen, wagte sie sich an das Aufbrechen festgefahrener Sitz-Strukturen.

"Die Arbeitskollegen haben wir in verschiedenen Büros neu zusammengesetzt. Nicht nach dem Würfel-Prinzip, sondern sehr wohl überlegt", beschreibt die ehemalige Personalberaterin den Vorgang, den sie bei Fusionen in den USA abgeschaut hat. Ihre Überzeugung: Dieser Prozess helfe, alte Geschichten hinter sich zu lassen und Neues aufzunehmen - und das quasi zum Null-Tarif.

Der Schritt sei notwendig gewesen, da das Betriebsklima "nicht das allerbeste und unkommunikativ" gewesen sei. Der Widerstand blieb auch nach der Maßnahme nicht aus: "Ich will mich nicht verändern", und: "Warum werde ich versetzt, ich habe doch nichts falsch gemacht", lauteten die Abwehrparolen des Lehrpersonals. Nach einigen Monaten hätte sich schließlich beides - das Klima und die Zustimmung - deutlich gebessert, sagt Hackl zufrieden.

Damit die Belegschaft räumliche Veränderungen mitträgt, rät Personalberater Eberhardt: "Mitarbeiter laufend informieren und am Prozess mitwirken lassen."

Schreibtische einsparen

Wer das Thema Raumplanung zur Führungsaufgabe macht, sollte auch über die Notwendigkeit jedes einzelnen Arbeitsplatzes nachdenken, betont indes Garry Gürtler, Geschäftsführer des Büroraum-Vermieters Regus in Österreich und der Schweiz. Denn viele Schreibtische blieben oft ungenützt - etwa aufgrund von Urlauben, Dienstreisen oder Terminen bei Kunden.

"Es ist eine veraltete Denkweise, dass jeder Mitarbeiter seinen eigenen Schreibtisch benötigt", glaubt Gürtler. Geht es nach Regus, dann soll der "Arbeitsplatz der Zukunft", speziell in Firmen mit viel Beratungs- und Vertriebspersonal, von allen gleichberechtigt genutzt werden. "Wer zehn Arbeitsplätze mit 15 Mitarbeitern besetzt, kann bis zu einem Viertel der Bürokosten einsparen", rechnet der Regus-Geschäftsführer vor. Nicht nur bei der Raummiete, sondern auch beim Mobiliar oder Reinigungspersonal.

Für einen flexiblen Arbeitsplatz spricht für Gürtler auch die veränderte Umweltsituation. In den Großstädten nehme die Verkehrsdichte zu, der Aufwand für den Arbeitsweg werde immer größer. Ein Phänomen, das das Arbeiten von zu Hause in Zukunft noch verstärken werde, glaubt der Berater.

Ob Zukunft oder Gegenwart, für den Schweizer Organisationspsychologen Dieter Zapf steht an erster Stelle der Mitarbeiter. Aus seiner Sicht ist weder das Tauschen noch das Teilen des Arbeitsplatzes förderlich. Die Begründung: "Wir haben es mit Menschen zu tun, und Menschen brauchen vertraute Räume und Besitzmerkmale." Auch unliebsame Seilschaften könnten durch eine räumliche Trennung nicht aufgelöst werden, so Zapf. Für effizienter hält er Rituale. Etwa regelmäßige Treffen, bei denen die Mitarbeiter ihre Anliegen besprechen.