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"Kein Spielraum für Steuerreform"

Von Helmut Dite

Wirtschaft

"Ich glaube nicht, dass es im Jahr 2003 einen Spielraum für eine Steuerreform gibt. Es sei denn, das geht zu Lasten des Budgets", sagte der Präsident des Staatsschuldenausschusses, Univ.-Prof. Helmut Frisch am Donnerstag vor der Presse.


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Das gesamtstaatliche "Nulldefizit" im Jahr 2002 hält Frisch auch bei nachlassendem Wirtschaftswachstum "schwieriger, aber doch" noch für erreichbar. Zu Hilfe komme dem Finanzminister dabei das nominelle Wirtschaftswachstum, das wegen der Inflationsrate deutlicher als zuletzt über dem realen Wachstum liege - damit sei auf der Einnahmenseite des Bundesbudgets "kein Problem" zu erwarten.

Das Steueraufkommen 2001 werde zwischen 740 und 760 Mrd. Schilling betragen. Davon würden 240 Mrd. aus der Mehrwertsteuer stammen und 230 Mrd. aus der Lohnsteuer.

Risken sieht Frisch eher bei den Ausgaben - sowohl was die Pensionszahlungen betreffe (die Forderung lautet nach einer Inflationsabgeltung für 2001 und 2002), als auch bei der Arbeitslosenversicherung, wo konjunkturbedingte Mehrausgaben und Mindereinnahmen auftreten könnten.

Auf jeden Fall sieht Frisch für 2002 eine Situation, "wo die Staatsschuld nicht mehr wächst". Von Nulldefizit könne eigentlich streng genommen erst die Rede sein, wenn die Einnahmen die Ausgaben um die Zinsquote - zuletzt 3,4% des BIP - übersteigen, meint der Wirtschaftsprofessor.

Insgesamt sei das Ziel, den Schuldenberg zu reduzieren, höchst positiv zu werten: "Österreich zahlt allein 93 Mrd. Schilling Zinsen im Jahr, davon mehr als die Hälfte an ausländische Gläubiger", so Frisch, der das Anhäufen von Staatschulden auch als "sozialpolitisch unfair" wertet, weil "dabei eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet".

Bei der öffentlichen Verschuldung im europäischen Vergleich lag Österreich per Ende 2000 mit 62,9% nach Maastricht-Kriterien knapp besser als der Durchschnitt der Euro-11 (69,7%) und der EU-15 (64,2%). Sorgen bereitet Frisch allerdings die Tatsache, dass Österreich beim der aktuellen Defizitquote mit 1,1% im Vorjahr und 0,8% heuer mit Portugal und Frankreich zu den Schlusslichtern im EU-Vergleich gehört, während im Schnitt der EU-15 schon 0,8% Überschuss budgetiert wird. Deutschland sieht er als Sonderfall: Nach den hohen Einnahmen aus der Verkauf der UMTS-Lizenzen im Vorjahr noch mit 1,5% Überschuss, erwartet den großen Nachbarn heuer - auch wegen der Steuerrform - ein Defizit von 1,7%.

"Keinen Spielraum" sieht Frisch für eine Steuerreform 2003: "Das ginge auf Kosten eines wieder höheren Defizits. Von einer solchen "stop and go"-Finanzpolitik - zuerst konsolidieren, dann wieder ausweiten - sei wenig zu halten, deshalb: "Eine klare Absage".

Dass es künftig jedes Jahr ein "Nulldefizit" geben müsse, hält Frisch für nicht empfehlenswert: "Das kann nur ein Zwischenziel sein". Er vertrat die Ansicht, dass über einen Konjunkturzyklus "von etwa 5 bis 7 Jahren" ein ausgeglichener Budgetsaldo anzustreben sei. Damit würden sich schlechte Konjunkturjahre mit Budgetdefiziten und Überschussjahre bei relativ hohem Wirtschaftswachstum über die Jahre ausgleichen: "Das wäre dann auch richtig verstandener Keynesianismus".

Frisch hätte sich vorgestellt, im Jahr 2003 die Lohnnebenkosten zu senken, die mit 4,5% der Lohnsumme eine "bedeutende Sache" seien. Den Spielraum dafür hätte man aber mit der Finanzierung des Kindergeldes bereits verplant. Eine Reduktion der Finanzschuld des Bundes durch Vermögensverkäufe sei mit dem Verkaufspotenzial der Bundeswohnungen, gegebenenfalls weiterer Besitzungen der Bundesforste, begrenzt. Es könnten aber auch Länder und Gemeinden Wälder und Grundstücke verkaufen, sagte Frisch.

Überhaupt sei erkennbar, dass in den letzten Jahren nur der Bund gespart habe. Die Länder müssten wohl durch ihre Überschüsse die weiterhin vorhandene Neuverschuldensquote des Bundes wettmachen (0,8% des BIP für das Jahr 2002), hinsichtlich Verwaltungsreform beispielsweise setze aber die Signale nur der Bund - "dabei gibt es immerhin 280.00 Landes- und Gemeindebedienstete".