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Kritiker denken bei den Namen einiger internationaler Ratingagenturen gerne an potenzielle Protagonisten einer Nestroy-Posse: "Moody’s" erinnert frappant an das englische Wort für "launisch", bei "Standard & Poor’s" (S&P) droht nun von "Standard" wenig übrig zu bleiben. Zuletzt wirkte die Performance der Bonitätswächter eher "poor" - also "arm".
Am Donnerstagabend schickte S&P eine Meldung aus, der zufolge Frankreich seine Top-Bonität verloren habe. Wäre dies tatsächlich der Fall, könnte man den Euro-Rettungsschirm - der von den bestbewerteten Triple-A-Staaten getragen wird - gleich wieder abspannen. Aber keine Sorge: Laut S&P handelte es sich nur um einen "technischen Fehler".
Es scheint unbegreiflich, wie einer - für den Finanzmarkt maßgeblichen - Agentur angesichts der wankenden Eurozone ein solcher Lapsus passieren kann. Allerdings irrte sich S&P vor ein paar Monaten auch schon bei den US-Staatsschulden um zwei Billionen Dollar. Derartige Fehler sind Wasser auf die Mühlen jener, die die Ratingagenturen gerne zum Sündenbock der gesamten Finanzmisere stempeln möchten. Brüssel fordert nun völlig zu Recht strenge Regeln für die Bonitätswächter. Dass deren Kritik an reformarmen und hoch verschuldeten Staaten wahrscheinlich in 99 Prozent der Fälle berechtigt ist, droht bald in Vergessenheit zu geraten.