Also keine Schnäppchen-Chance für pfiffige Steuersünder. Die geplante Amnestie wird aus der Steuerreform 05 hinausfliegen, das verschämt titulierte Pauschalabgabegesetz wird es nicht geben und den 60%igen "Steuersparer-Rabatt" auch nicht. Was bleibt, ist ein bisschen Strafverschärfung für steuerliche Wiederholungstäter. Und für Leute, die beim Abwägen von (Entdeckungs-)Risiko und (Nichts gefunden-)Chance doch die Angst vor Steuerfahndern und Finanzstrafrichtern packt, gibt es ja noch den "29er": die Selbstanzeige.
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Der "29er" ist jener Paragraph im Finanzstrafgesetz, der reuigen Steuersündern zwar keine Steuernachsicht, aber jedenfalls Straffreiheit zusichert, wenn sie rechtzeitig ihre Verfehlungen eingestehen, anzeigen und offen legen. Die Einladung der Behörde an Steuerzahler, die mit ihren fiskalischen Altlasten nicht länger leben wollen, ist freilich in eine Gesetzesstelle verpackt, die in der Praxis (und nach der vorliegenden Judikatur) derart viele juristische Spitzfindigkeiten aufweist, dass die Chance, die Selbstanzeige form- und fristgerecht abzuwickeln, oft selbst zum Risiko wird. Die vorherige Konsultation eines erfahrenen Steuerexperten sollte daher am Anfang jeder Selbstanzeige-Erwägung stehen.
Sieben Voraussetzungen
Immerhin lassen sich aus § 29 FinStrG sieben Bedingungen herauslesen, bei deren Einhaltung der Erfolg (die Straffreiheit) nach einer Selbstanzeige als ziemlich gesichert ange-sehen werden sollte.
1. Der reuige Steuersünder muss seine Verfehlung genau offen legen - ein Umstand, der in der Praxis oft nur unzureichend befolgt wird und den Erfolg vor der Behörde natürlich verhindern kann.
2. Die Umstände, wie und wieso es zu der zu berichtenden Steuerverkürzung gekommen ist, sollten ausführlich sachlich dargestellt werden. Die Finanz muss die Hintergründe des Steuerausfalls erkennen können. Ein bedauerndes "Ich hab' halt geglaubt ...." genügt nicht.
3. Die Selbstanzeige muss rechtzeitig sein. Das ist sie nur, wenn die Finanz nicht schon selbst ihre Erhebungs- und Fahndertrupps auf den Verdächtigen angesetzt hat. Selbst wenn der Steuerzahler von irgendwoher einen Tipp bekommen hat, dass sich da irgendwas zusammenbraut, ist es meist schon zu spät. Und zu spät ist es auch, wenn er erst im Verlaufe einer Steuerprüfung beichtet, dass da irgendwas passiert ist.
Gleichzeitige Steuerzahlung
4. Die Selbstanzeige - natürlich am besten schriftlich, ob-gleich die Finanz auch eine mündlich vorgetragene Selbst-anzeige protokollieren muss - ist beim zuständigen Finanzamt (Referat) einzubringen oder bei der sachlich zuständi-gen Finanzstrafbehörde (beim Finanzamt oder Zollamt). Ein Brief an den Finanzminister macht das Geständnis (vielleicht auch für ihn) lesenswert, aber nicht zur wirkungsvollen Selbstanzeige.
5. Mit der Selbstanzeige muss auch die umgehende Bezahlung der "vergessenen" Steuer verbunden werden. Das wird bei kleineren Beträgen weniger ein Problem sein, als bei größeren. Deshalb besteht die Möglichkeit, gleichzeitig mit der Bekanntgabe des geschuldeten Steuerbetrags auch ein Ansuchen um Bewilligung von Ratenzahlungen vorzulegen, dessen Laufzeit aber höchstens zwei Jahre umspannen darf.
Schätzung der Steuerschuld
6. Hier zeigt sich häufig ein Problem, weil der geschuldete Steuerbetrag nicht immer exakt bekannt gegeben werden kann. Bei nachzumeldenden Umsatzsteuern ist das noch leichter als bei den nachhängenden Ertragsteuern. In diesem Fall muss man dem Finanzamt einen sorgfältig geschätzten Betrag bekannt geben (und bezahlen oder zur Ratenbewilligung anmelden) und die Schätzung schlüssig und plausibel herleiten. Die Behörde muss aus dieser Darstellung die Möglichkeit haben, den Steuerschuldbetrag nachzuvollziehen und selbst festzustellen. Nicht immer ganz einfach, weshalb viele Steuerberater ihren Klienten empfehlen, den geschätzten Betrag eher etwas höher anzusetzen, um die volle Wirkung der Selbstanzeige abzusichern.
7. Die Selbstanzeige wirkt nur für die Person, für die sie er-stattet wird. Der Anzeiger muss ja nicht immer der schuldige Steuertäter sein, er kann auch Mitwisser, Haftungstragender oder Mittäter sein, der seinen Kopf rechtzeitig aus der Schlinge ziehen will. Der Selbstanzeiger muss sich deutlich deklarieren.
Die Strafbarkeit von Finanzvergehen erlischt durch Verjährung. Je nach Schwere des Vergehens beträgt die Verjährung ein bis zehn Jahre. Darauf sollte man sich aber nicht verlassen, denn es gibt viele Unterbrechungsgründe, die der Steuerzahler nicht erkennen muss. Wenn nicht schon frühere Umstände für eine unverzügliche Selbstanzeige sprechen, dann liegt jedenfalls in der Minute, bevor der Steuerprüfer mit seiner Einschau beginnt, die letzte Chance, das Gewissen zu erleichtern. Der Prüfer muss daraufhin in seinem Prüfungsauftrag vermerken, dass die Selbstanzeige noch vor Beginn der Prüfung erfolgt ist. Und damit zur Straffreiheit führen kann.