Molekularbiologin Renee Schroeder tritt aus der Akademie der Wissenschaften aus.
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Wien. Arnold Suppan, Vizepräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), verbirgt seinen Ärger kaum: "Die Kritik ist eine beleidigte Reaktion und falsch", sagt er zur "Wiener Zeitung". Zudem kommt sie zum falschen Zeitpunkt: Bei ihrer Feierlichen Sitzung gibt die ÖAW heute in Anwesenheit von Bundespräsident Heinz Fischer 38 neue Mitglieder bekannt - und nun hat die renommierte Molekularbiologin Renee Schroeder ihre Mitgliedschaft in der seit 1847 bestehenden Akademie zurückgelegt.
Die Forscherin, die 2003 als erst zweite Frau als Wirkliches Mitglied der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufgenommen wurde, übt Kritik an der Entscheidungsfindung: "Das Prozedere ist undurchsichtig. Meine Erfahrungen haben mich überzeugt, dass es der Gelehrtengesellschaft weder um die Förderung von Exzellenz noch um wissenschaftliche Erkenntnisse geht. Aus Solidarität mit jenen exzellenten WissenschafterInnen, denen es wegen ihres kulturellen Hintergrundes oder ihrer politischen Einstellung nicht möglich ist, Mitglied zu werden, lege ich meine Mitgliedschaft zurück", betonte die Wittgensteinpreisträgerin 2003 am Dienstag. Die Sprachwissenschafterin Ruth Wodak oder der Atomphysiker Hannes-Jörg Schmiedmayer hätten längst aufgenommen gehört.
Zudem hätten junge Forscher "keinen Handlungsrahmen" in der ÖAW. Die Junge Kurie, bestehend aus 70 Professoren unter 45 Jahren, sei nicht wahlberechtigt. Neue Mitglieder würden von der Gelehrtengesellschaft ernannt, deren Angehörige seien häufig älter als 60 Jahre alt und nicht mehr alle aktiv. Die Gelehrtenvereinigung wähle das Präsidium, das Gelder verteile, ohne selbst Verantwortung für den Erfolg von Projekten zu tragen: "Die Institute und die Gelehrtengesellschaft sind zu wenig getrennt."
"Das ist, als würde man sagen, dass alle Forscher, die wir in den letzten Jahren neu gewählt haben, dem Exzellenzanspruch nicht genügen", entgegnet Suppan. Zwar könne über das Mitspracherecht der jüngeren Generation diskutiert werden. "Aber wir wollen nicht die Emeriti diskriminieren", betont er. Er selbst wolle die ÖAW zwar verjüngen, jedoch "sehen das nicht alle so".
Schroeder zufolge war die Stimmung am letzten ÖAW-Wahltag "am Boden". Es gebe viele "tolle Leute in der ÖAW, die kämpfen, aber es ist fast nicht möglich, etwas zu ändern." Mit der Molekularbiologin Kristin Teßmar-Raible schlug die Junge Kurie heuer nur ein einziges neues Mitglied vor.