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ÖVP und SPÖ in Niederösterreich führen permanenten Wahlkampf. | Schlagabtausch geht immer öfter ins Persönliche. | St. Pölten. Ein Blick in das Land Niederösterreich dokumentiert es derzeit deutlich. Dort stehen sich auf politischer Ebene zwei erbitterte Gegner unversöhnlich gegenüber. Seit Wochen tobt im Land unter der Enns ein Streit um Plakate und spiegelt nur die politischen Befindlichkeiten von ÖVP und SPÖ wider.
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Dazu gibt es häufig verbale Reibereien, bei denen sich Schwarz und Rot einander nichts schuldig bleiben.
Die Wurzeln liegen bei einem SPÖ-Parteitag vor zweieinhalb Jahren. Dort stellte sich die SPÖ unter dem neugewählten Landesobmann Josef Leitner nach der Schlappe bei den Landtagswahlen neu auf und "änderte" den Kurs. Vorbei war es mit dem von Vorgängerin Heidemaria Onodi propagierten Kuschelkurs mit der ÖVP. Damals verweigerte die SPÖ-Niederösterreich auch erstmals seit 1945 die Zustimmung zum Landesbudget. Ein Tabubruch - und seither gehen im schwarzen Kernland Niederösterreich die Polit-Wellen hoch.
Derzeit affichiert die SPÖ Plakate mit schwarzem Hintergrund, weißer Schrift und Fragen wie: "Wussten Sie, dass die ÖVP in NÖ rundherum Streit anzettelt?" Oder: "Wussten Sie, dass die ÖVP in NÖ mit Ihrem Steuergeld sorglos umgeht?" Zuvor griff schon mal die ÖVP, die mit absoluter Mehrheit regiert, SPÖ-Mandatare wegen einer Nordkorea-Reise per Plakate frontal an. Die SPÖ NÖ sei "außer Rand und Band", hielt die Landes-ÖVP fest.
Veranlagungenstehen im roten Visier
Eine Tonart, die nicht neu ist. Die Roten beklagten schon einmal, dass es nicht mehr normal sei, dass die ÖVP den Stil von SPÖ-Chef Leitner "als Streithansel, Bluthund an der Kette oder Landesfeind" bezeichnet. Die SPÖ wiederum schoss sich seit der umstrittenen Veranlagung von Wohnbaugeldern immer wieder auf Niederösterreichs ÖVP-Landesvize und Ressortchef für Finanzen, Wolfgang Sobotka, ein. Die SPÖ-Vertreter verliehen ihm vor den Gemeinderatswahlen im heurigen März den "1. NÖ Spekulationspreis" und plakatierten zu den Spekulationsvorwürfen sein Konterfei mit dem Spruch: "I sogs glei i woas ned". Der Stil der ÖVP wurde insgesamt als "machtbesessen, abgehoben und autoritär" tituliert.
Eine Versöhnung scheint aussichtslos. Leitner beklagt im kleinen Kreis, dass es mit Landeshauptmann Erwin Pröll noch nie ein Gespräch unter vier Augen gegeben habe. "Diese Linie wird Pröll wohl bis zur nächsten Landtagswahl durchziehen", sagt Leitner zur "Wiener Zeitung". Der Wieselburger, der aus der Arbeiterkammer kommt, ist Liebesentzug inzwischen gewohnt. Gleich zu Beginn wurden ihm als Regierungsmitglied (in Niederösterreich gibt es eine Proporzregierung) Kompetenzen entzogen - etwa die Gemeindefinanzen, geblieben ist unter anderem der Konsumentenschutz. Ein zum Start der Regierungsperiode beschlossenes Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und SPÖ ist Makulatur.
"Die ÖVP will sich nicht daran gewöhnen, dass wir in gewissen Politikfeldern einfach andere Meinungen haben. Mit den persönlichen Angriffen kann ich leben, angenehm ist es nicht", so Leitner. Er denkt, dass er mit seinem Stil auf dem richtigen Weg sei, will das sozialdemokratische Profil schärfen. Leitner: "Das sickert auch bei der Bevölkerung durch."
"Leitner überzieht Land nur mehr mit Streit"
Die ÖVP ist weniger überzeugt: "Seit 2008 überzieht Leitner das Land mit Streit, das sind landesfeindliche Attacken. Das war noch nie unter einem SPÖ-Vorsitzenden", kontert ÖVP-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner. Und dass Leitner nicht unumstritten in der eigenen Partei ist, daran lässt Karner keinen Zweifel: "Man braucht sich nur die Parteiausschlüsse anschauen. Viele haben sich mit Grausen vom Kurs Leitners abgewandt." "Der Plakatkrieg wurde nicht durch uns ausgelöst, Sobotka wurde für vogelfrei erklärt", sagt ÖVP-Klubchef Klaus Schneeberger. Die Situation insgesamt sei nicht erfreulich: "Das ist für die Atmosphäre im Land nicht gut."
Am Kurswechsel wird Leitner jedenfalls festhalten und will so bei der Landtagswahl 2013 wieder über die 30-Prozentmarke kommen.