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Kein Verständnis für rote Giftpfeile

Von Brigitte Pechar und Walter Hämmerle

Politik

Gusenbauer: "Partei wünscht sich Geschlossenheit." | Gesundheit: Reform nur im Konsens mit Ländern. | Asyl: Abfuhr für Burgstaller. | "Wiener Zeitung": Sehr viele Manager verdienen mehr als der Bundeskanzler der Republik. Geld ist die Kategorie, um Leistung zu beurteilen. Was sagt uns das gesellschaftspolitisch?


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Alfred Gusenbauer: Es gibt unterschiedliche Kriterien der Bewertung. Bei Wirtschaftsunternehmen ist es so, dass - zumindest in der Regel - nach dem messbaren Erfolg bewertet wird. Politiker werden dagegen nicht vom Markt gewählt, sondern von der Bevölkerung. Die Menschen erwarten, dass politische Repräsentanten zwar gut verdienen, aber die Bezahlung noch in einer Relation zu den allgemeinen Einkommensverhältnissen steht. Politiker sind in Österreich anständig bezahlt. Um reich zu werden, sollte man aber nicht in die Politik gehen.

Die Wirtschaft lagert Tätigkeiten aus, und die Regierung folgt ihr - sie lagert Arbeit an die Sozialpartner aus. Diese waren in letzter Zeit sehr aktiv: Zuletzt Altersteilzeit, zuvor das Konzept für eine Gesundheitsreform.

Wir haben in Österreich seit ich Bundeskanzler bin einen anderen, einen kooperativen Regierungsstil entwickelt. Wir haben die Sozialpartner schon vor der Regierungsbildung eingebunden und über gemeinsame Zielsetzungen und eine Aufgabenteilung gesprochen. Jetzt übernimmt jeder seinen Teil der Aufgaben.

Zur Gesundheitsreform: Ein Vorschlag ist, dass die Kassen die Sozialversicherungsbeiträge an die Spitäler einfrieren. Dazu müsste aber der Finanzausgleich mit den Ländern aufgeschnürt werden, was diese ablehnen. Wie soll dieser Punkt umgesetzt werden?

Hier gibt es eine Reihe von Vorschlägen. Die legislative Umsetzung werden wir in diesem Frühjahr angehen. Klar ist, dass im Verhältnis zwischen Bund und Ländern Änderungen nur im Konsens möglich sind. Klar ist: Der Finanzausgleich gilt, ein einseitiges Aufschnüren wird nicht stattfinden.

Die Umsetzung der Sozialpartnervorschläge läuft aber genau darauf hinaus.

Es stellt sich die Frage, welche Kooperationsprojekte zwischen Gebietskrankenkassen und Ländern entwickelt werden können, die bis zum Ende des gültigen Finanzausgleichs einen Übergang darstellen und auch zu Einsparungen führen.

Wie könnte diese Übergangslösung aussehen?

Da gibt es mehrere Ideen. In der ersten Runde werden wir die legistische Umsetzung der Reform auf Bundesebene machen.

Gehört dazu auch die Neugestaltung der Sozialversicherung, also die Umwandlung des Hauptverbands in eine Holding mit Durchgriffsrecht auf die Kassen?

Ja, inklusive Neuordnung des Hauptverbands. Das kommt im Frühjahr. Die nächste Runde ist dann die Einbindung der Länder.

Der Finanzausgleich wird nicht nur durch die Gesundheitsreform in Frage gestellt, sondern auch durch die Forderung von Unterrichtsministerin Schmied, alle Lehrer beim Bund anzusiedeln. Auch hier geht es um die Finanzierung aus einer Hand.

Wir werden hier mit den Ländern ein grundsätzliches Orientierungsgespräch führen. Es geht darum, ökonomische Win-win-Situationen zu erzeugen. Es hat ja keinen Sinn, Zustände aufrecht zu erhalten, wo jeder weiß, dass diese nach Effizienzkriterien nicht gerechtfertigt sind.

Ein Eckstein der Gesundheitsreform ist die Vermögenszuwachssteuer. Die war für die SPÖ notwendig, um einen Erfolg vorweisen zu können. War es aber klug, durch deren Ankündigung den Spardruck auf die Akteure zu lindern?

Für uns gilt, dass auch in einer älter werdenden Gesellschaft alle am medizinischen Fortschritt teilhaben können müssen, und daher die Versorgung nicht billiger wird. Wir werden in Zukunft jedes Jahr mehr Geld für das Gesundheitssystem brauchen, weil die Aufwendungen steigen. Die Vorschläge der Sozialpartner führen nur dazu, dass der Anstieg der Ausgaben in Zukunft flacher sein wird als bisher. Außerdem können mit den Vorschlägen die Finanzierungsprobleme nicht für alle Zeit gelöst werden. Es gibt ja neben den Ausgaben auch noch die Schulden der Kassen, die bedient werden müssen. Alleine die Zinsen machen 50 Millionen Euro pro Jahr aus. Daher war klar, dass wir zusätzliche Mittel brauchen Die könnten aus dem Budget kommen - das haben wir nicht für sinnvoll erachtet -, aus Beitragserhöhungen - hier sind wir der Meinung, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Oder es könnten die Selbstbehalte erhöht oder ausgeweitet werden - das halten wir sozial nicht für gerecht, und daher haben wir uns zu einer neuen Einnahmeform entschlossen.

Die SPÖ war aber immer für eine Erweiterung der Bemessungsgrundlage.

Die Vermögenszuwachssteuer ist nur eine andere Form. Darunter hat man ja immer verstanden, dass nicht nur die Frage des Lohnes, sondern auch des Gewinnes einbezogen wird.

Wie soll die Vermögenszuwachssteuer genau ausschauen? Es gibt den Vorschlag, die Spekulationsfrist für Aktien von einem auf drei Jahre auszuweiten.

Das ist mit Sicherheit zu wenig. Es geht darum, dass wir im Bereich der Löhne und Einkommen eine progressive Steuer haben und für andere Arten von Einkünften gibt es die Zinsertragssteuer, bei den Unternehmen die Körperschaftssteuer - hier gibt es überall einen einheitlichen Satz von 25 Prozent. Den werden wir jetzt auch auf Vermögenszuwächse ausdehnen. Ausnahmen wird es im Bereich des Eigenheims und der Pensionsvorsorge geben.

Grund und Boden sind also nicht ausgenommen?

Der zur eigenen Nutzung schon. Wenn ein Bauer einen Acker verkauft und einen anderen kauft, wird die Vermögenszuwachssteuer nicht fällig. Das ist aber derzeit Gegenstand der Gespräche.

Wird es eine Art Gegenrechnung geben, wenn man etwa Aktien mit Verlusten verkauft?

Ich halte das für vernünftig. Das wird in der Steuerreformkommission gerade diskutiert, dass Gegenverrechnungen stattfinden können, wenn jemand Aktien mit Verlust und andere mit Gewinn verkauft.

Via Gutschrift?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine davon wäre eine Jahresabrechnung. Aber für diese technischen Fragen gibt es die Steuerreformkommission.

Ferdinand Lacina oder auch Bernhard Felderer wollen mehr Geld als die geplanten 3 Milliarden für die Steuerreform in die Hand nehmen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass auch die zweite größte Steuerreform am Ende in den Augen der Bevölkerung keine ist.

Es hat noch niemand behauptet, dass das die größte Steuerreform aller Zeiten wird. Dieses Privileg bleibt in Ankündigung und Wirkung allein Karl-Heinz Grasser vorbehalten. Außerdem: So wenig Geld ist das nicht, 3 Milliarden entsprechen immerhin 40 Milliarden Schilling.

Wird sich am Höchststeuersatz etwas ändern?

Das sind technische Fragen für die Kommission.

Das ist auch eine politische Frage.

Wesentlich ist: Bei wem fällt die Entlastung wie hoch aus? Für die Sozialdemokratie ist wichtig, dass erstens der Mittelstand, also Einkommen zwischen 1350 und 4000 Euro brutto entlastet werden und es zweitens zu einer Entlastung der Familien kommt. Dabei sollen alle entlastet werden und nicht der eine auf Kosten anderer, wie das beim ÖVP-Familiensplitting der Fall gewesen wäre, das jetzt glücklicherweise vom Tisch ist.

Stichwort Causa Kampusch. Soll es schärfere medienrechtliche Verfolgungen bei solchen Verletzungen der Intimsphäre geben?

Zuerst muss man die Frage stellen, wie solche Unterlagen überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen. Die Hauptverantwortung dabei hat die öffentliche Hand. Wenn man autorisiert ist, Daten zu sammeln um Verbrechen aufzuklären, hat man eine ganz besondere Verantwortung, mit diesem Material umzugehen. Letztlich ist es ein Kernpunkt des Rechtsstaats, dass die Bürger das Vertrauen haben, dass mit Daten missbrauchsfrei umgegangen wird. Erst dann muss man sich überlegen, wie von Medien der verantwortungsvolle Umgang mit solchen Informationen eingefordert werden kann. Privatpersonen brauchen jedenfalls einen ganz besonderen Schutz.

Ist eine Verschärfung der Mediengesetze eine Option?

Wir werden das prüfen und mit den Verantwortlichen in den Medien diskutieren. Aber zuerst ist die Verantwortung der Behörde zu klären. Hier geht es um den Schutz der Bürger.

Der beste Schutz vor Missbrauch ist, diese Daten erst gar nicht zu sammeln.

Bei Ermittlungen fallen Daten an. Ohne diese wird auch keine Verbrechensaufklärung stattfinden können.

Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller will das Asylgesetz verschärfen und kriminelle Asylwerber beziehungsweise solche, bei denen ein entsprechender Verdacht besteht, zurück in die Bundesbetreuung schicken. Bisher forderte die SPÖ stets eine Entschärfung des Asylrechts.

Ich kenne den Vorschlag nicht im Detail, für mich ist aber eines klar: Jedes Land muss seine Verantwortung tragen.

Wann immer man als Journalist mit hochrangigen SPÖ-Funktionären außerhalb Ihres engsten Vertrautenkreises Off the Records spricht, schießen diese kleine, oft sogar bösartige Giftpfeile gegen Ihre Person. Spüren Sie diesen Missmut auch persönlich?

Ich stelle mich jeder Diskussion - gerne und überall. Wenn jemand gute Vorschläge hat, bin ich immer gerne bereit, diese zu diskutieren. Und wenn jemand einen anderen Weg für die Sozialdemokratie vorschlägt, bin ich ebenfalls bereit, darüber zu sprechen. Aber ich bin - im Unterschied zu vielen anderen - sehr oft in Österreich unterwegs und rede fast täglich mit Mitgliedern, Sympathisanten und Funktionären der SPÖ, und zumindest mein Eindruck ist, dass sich die ganz große Mehrheit all dieser Menschen vor allem eines wünscht: eine gemeinsame und geschlossene Vorgangsweise der Sozialdemokratie. Für - wie Sie das nennen - Giftpfeile gibt es hier relativ wenig Verständnis.