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Kein weißer Rauch im italienischen Parlament

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Nur Beppe Grillos M5S präsentierte Kandidaten für Parlamentspräsidenten.


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Rom. Mit den Auftaktsitzungen von Abgeordnetenkammer und Senat startete am Freitag die XVII. Legislaturperiode des italienischen Parlaments. Aber es gab in keiner der beiden Kammern weißen Rauch für eine neuen Präsidenten, beziehungsweise eine Präsidentin. Nur Beppe Grillos 5-Sterne-Bewegung (M5S) trat in beiden Parlamentskammern mit Kandidaten für die Präsidentschaft an. Sie schlug den 35-jährigen Neapolitaner Roberto Fico, einen engen Vertrauten Grillos, der auch schon für das Amt des Bürgermeisters in Neapel und das des Regionalpräsidenten in Kampanien angetreten ist, für die Führung des Abgeordnetenhauses und den aus Venezuela stammenden 51-jährigen Marketing-Manager Luis Alberto Orellana, der durch seine Mutter die italienische Staatsbürgerschaft hat, für das Senatspräsidium vor.

Die großen Parteien der Linken und der Rechten, Pier Luigi Bersanis Demokratische Partei (PD) und Silvio Berlusconis Volk der Freiheit (PdL), präsentierten noch keine Kandidaten und gaben am Freitag weiße Stimmzettel ab. Die PD will sich noch die Option offenhalten, doch noch mit der M5S zu einer Einigung zu kommen. Die PdL hat rein numerisch überhaupt keine Chance auf ein Präsidentenamt in einer der Parlamentskammern und hat auch schon deutlich durchblicken lassen, dass es ihr gar nicht darauf ankomme. Vielmehr will sie bei der Mitte April anstehenden Wahl des neuen Staatspräsidenten ein Wort mitreden. Berlusconi, der sich noch immer im Spital befindet und am Freitag nicht an der Eröffnungssitzung des Senats teilnahm, hatte bereits am Dienstag deutlich gemacht, dass der künftige Staatspräsident kein Kandidat aus dem Mitte-Links-Lager sein dürfe, sondern einer, der über den Parteien steht. Berlusconi geht es vor allem darum, seinen langjährigen politischen Gegenpol Romano Prodi als Nachfolger von Giorgio Napolitano zu verhindern.

Bis zur Wahl der neuen Parlamentspräsidenten wird das Abgeordnetenhaus vom PdL-Mandatar Antonio Leone, dem Vizepräsidenten des vorhergehenden Abgeordnetenhauses und der Senat vom Alterspräsidenten Emilio Colombo, einem Senator auf Lebenszeit provisorisch geführt. Colombo ist nach dem Tod von Teresa Mattei, der letzten Frau aus der Verfassungsgebenden Versammlung, am vergangenen Dienstag gemeinsam mit Giulio Andreotti der letzte noch lebende Vertreter der italienischen Konstituente von 1946.

Gespräche mit Lega Nord?

Am Freitag berichteten italienische Medien auch, dass sich die PD, die nur im Abgeordnetenhaus, aber nicht im Senat über eine absolute Mehrheit verfügt, in Gesprächen mit der Lega Nord bemühe, die Pattstellung im Senat aufzubrechen. Die Lega Nord war bei den Parlamentswahlen in einer Koalition mit Silvio Berlusconis PdL angetreten und ist diesem in den wichtigen norditalienischen Regionen Piemont, Lombardei und Venetien, wo sie die Regionalpräsidenten stellt, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Berlusconi hatte bereits vor der Wahl mit einem Scheitern der Regionalregierungen gedroht, wenn sich die Lega nicht auf nationaler Ebene unterordnet. Die PD-Fraktionsvorsitzende im vorherigen Senat, Anna Finocchiaro, die für die Präsidentschaft im Senat eine ernstzunehmende Kandidatin ist - auch für das Amt des Staatspräsidenten war sie schon im Gespräch, dementierte aber derartige Gespräche.

Silvio Berlusconis Anwälte versuchen unterdessen einmal mehr dessen Prozesse hinauszuzögern und verlangten am Freitag die Verlegung der laufenden Verfahren von Mailand nach Brescia, weil die Mailänder Richter gegen den Ex-Premier voreingenommen seien.