Zum Hauptinhalt springen

Kein Zutritt

Von Martyna Czarnowska

Kommentare

In Polen protestieren Medien gegen Einschränkungen ihrer Arbeit.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Kein Zutritt." Wie ein Stempel, der zensierte oder geheime Dokumente markiert, prangt der Aufdruck auf einem Foto. Das Bild zeigt den Plenarsaal des Sejm, des polnischen Parlaments in Warschau. Zu sehen ist es in der Zeitschrift "Polityka", die damit ihre Teilnahme an der jüngsten Journalistenmanifestation gegen die Pläne zur Einschränkung der Berichterstattung zum Ausdruck bringt. Etliche Fernseh- und Radiostationen, Zeitungen und Internetportale haben sich dem Protest angeschlossen. Einmal mehr sorgt so ein Vorhaben der nationalkonservativen Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) von Jaroslaw Kaczynski für Empörung.

Deren Politiker argumentieren damit, dass die Tätigkeit der Medienvertreter im Sejm in geordneten Bahnen verlaufen soll. Demnach sollen Journalisten nicht Abgeordneten auf den Gängen nachlaufen, den Mandataren mit Kameras auflauern. Die künftigen Regeln sehen vor, dass sie sich nur in ihnen zugeteilten Räumlichkeiten aufhalten dürfen, in einem Nebengebäude. Pressekonferenzen und Interviews sollen ebenfalls nur dort abgehalten werden.

Allerdings gehen die Einschränkungen noch weiter: Von der Besuchergalerie aus, auf der die Parlamentssitzungen zu verfolgen sind, darf künftig nicht mehr gefilmt werden. Die Debatten werden ins Pressezentrum übertragen. Und zum Hauptgebäude sollen pro Redaktion jeweils nur zwei angemeldete - und überprüfte - Mitarbeiter Zugang haben.

Die Medien protestieren gegen die Behinderung ihrer Arbeit und sprechen von Zensur. Manche von ihnen zeigten am Freitag keine Fotos von Politikern und luden diese nicht ins Studio ein. "Bewegungsfreiheit im Sejm für Journalisten war ein Symbol des Sieges der demokratischen Revolution 1989", schreibt der Vize-Chefredakteur der Zeitung "Gazeta Wyborcza", Jaroslaw Kurski. Die aktuelle Regierung wolle das aber nicht respektieren.

Doch bahnt sich schon weiterer Unbill an. Der Streit um den Verfassungsgerichtshof droht sich zu verschärfen. Seit einem Jahr schwelt er, seitdem Staatspräsident Andrzej Duda, selbst aus den PiS-Reihen kommend, mehrere der Regierungspartei genehme Richter statt bereits ernannter Vertreter vereidigt hat und seitdem das Kabinett von Premier Beata Szydlo Pläne für Gesetzesänderungen vorgelegt hat, die die Arbeit des Gerichts massiv erschweren würden. Schon jetzt trägt die Regierung dazu bei: Sie weigert sich schlicht, mehrere Urteile zu veröffentlichen. Die EU-Kommission hat wegen der Vorgänge ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet.

Zu den - zahlreichen - Kritikern des Staatsumbaus gehört auch der Präsident des Verfassungsgerichts selbst. Wie etliche Kollegen warnt Andrzej Rzeplinski davor, dass die Unabhängigkeit der Behörde in Gefahr sei. Aber am Montag läuft Rzeplinskis Amtszeit aus. Seinen Nachfolger bestimmen der Staats- und der Regierungschef. Sie wählen ihn aus einer Kandidatenliste. Doch wurden die Kriterien so festgelegt, dass sie auf eine Person aus dem Kreis der Verfassungsrichter besonders gut passen: auf Julia Przylebska, die Frau des polnischen Botschafters in Berlin. Mit Kritik an der Regierung wird sie kaum auffallen.