Frauenministerin Heinisch-Hosek: Keine Sitzungen nach 17 Uhr. | In Österreich arbeiten 700.000 Frauen Teilzeit. | Gudrun Biffl warnt: Halbtagsjobs bedeuten das Karriere-Ende.
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Wien. "Neue Männer braucht das Land." Mit diesem Song eroberte Ina Deter Anfang der 80er Jahre die Charts. Zwar hat sich seither einiges geändert, aber von einer Gleichstellung in Gesellschaft, Politik und Arbeitsleben sind wir noch weit entfernt. Die traditionellen Rollenvorstellungen wurden aufgebrochen, aber im täglichen Leben sieht es noch ganz anders aus: Männer leisten noch immer nur ein Viertel der gesamten unbezahlten Kinderbetreuung und nur ein knappes Viertel der übrigen Hausarbeit. So bilanziert jedenfalls der Frauenbericht 2010.
Frauen richten ihre berufliche Tätigkeit nach wie vor nach dem Privaten aus: Sie reduzieren nach einer Geburt die Arbeitszeit, während junge Väter sie ausweiten. Und so kommt es, dass 700.000 Frauen in Österreich Teilzeitarbeit verrichten. Das sind 43,2 Prozent der Frauen im Haupterwerbsalter, der EU-Durchschnitt von Frauen in Teilzeit liegt bei 29,5 Prozent.
Teilzeitarbeit ist aber eine Sackgasse - jedenfalls wenn sie weniger als 50 Prozent der Normalarbeitszeit beträgt. Das sagt Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl. "Ein Halbtagsjob ist ein Nein zu einer Karrierelaufbahn", betont die Wissenschafterin. Allerdings sieht sie sehr wohl, dass es möglich ist, die Arbeitszeit zu reduzieren und dennoch eine Führungsposition einzunehmen. Dazu brauche es die Flexibilität der Betriebe. In den Niederlanden etwa gebe es einen Tag pro Woche als Papa- oder Mama-Tag und einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Diesen gibt es in Österreich nicht.
"In vielen Unternehmen orte ich einen Anwesenheitsfetischismus, der weder effizient noch zielführend ist", sagt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Sie verweist auf Skandinavien, wo es nach 17 Uhr keine Sitzungen mehr gebe. "Das würde auch bei uns Sinn machen, denn nur so ist es für Väter und Mütter möglich, ihre Kinder rechtzeitig aus Betreuungseinrichtungen abzuholen."
Teilzeitkräfte in Führungspositionen
Der internationale Computerkonzern IBM hat Teilzeitkräfte in Führungspositionen. 75 Prozent der weiblichen Führungskräfte sind dort Mütter. Immer mehr Abteilungsleiter wollen explizit Frauen mit Teilzeit-Modellen den Führungsposten erhalten. Hans Peter Trost, ORF-Sportchef, hat es nun erstmals einer Mitarbeiterin ermöglicht, in einer Leitungsfunktion in Karenz und Teilzeit zu gehen. "Ich habe selbst zwei Töchter und sehe nicht ein, warum Frauen nicht dieselbe Karriereentwicklung haben sollen wie Männer", so Trost.
"Sobald sich Unternehmen von der Vorstellung trennen, dass nur Mitarbeiter, die rund um die Uhr im Haus sind, Führungspositionen einnehmen können, werden flexiblere Arbeitszeitmodelle realisierbar", ist Eva Karabeg, Sendungsverantwortliche von "Wien Heute" des ORF, überzeugt. Laptop, Blackberry und Co ermöglichten längst durchgängigen Informationsfluss.
Arbeitsplatz statt "Arbeitsplätzchen"
Dennoch gibt es auch von Heinisch-Hosek "kein bedingungsloses Ja zur Teilzeit. Teilzeit sollte die Ausnahme sein, nicht die Regel. Denn Frauen brauchen einen Arbeitsplatz und kein Arbeitsplätzchen", so die Frauenministerin. Und dass Teilzeit auch mit erheblichen Verlusten verbunden ist, bestätigt Biffl. Das Bruttojahreseinkommen der unselbständig beschäftigten Frauen ist im Schnitt um 39 Prozent niedriger als das der Männer. Der Einkommensunterschied ist zur Hälfte auf die Folge einer geringeren Arbeitszeit, zur Hälfte auf einen geringeren Stundenlohn zurückzuführen. Teilzeitkräfte müssen mit bis zu drei Euro Unterschied beim Bruttostundenlohn rechnen.
Noch ein Grund, warum die Frauenministerin zurückhaltend bei der Propagierung der Teilzeitarbeit ist, ist der Verlust beim Lebenseinkommen. Frauen verdienen dadurch weniger und erhalten daher auch in Folge eine geringere Pension. Dennoch werbe sie für eine qualifizierte Teilzeit in Führungspositionen, also Teilzeit, die zeitlich begrenzt ist und den Übergang zur Vollzeit leichter macht. "Gerade für Frauen und Männer in Führungspositionen ist das eine attraktive Option."
Dass die Luft für Frauen an der Spitze aber noch sehr dünn ist, zeigen die Zahlen sehr deutlich: Der Anteil der Frauen in den Vorstandsetagen der 200 Top-Unternehmen Österreichs liegt bei 4,4 Prozent (28 Geschäftsführerinnen, 609 Geschäftsführer). Auch in den Aufsichtsräten bleiben Männer unter sich: 10,3 Prozent der Aufsichtsräte sind Frauen.
Wenn man die börsennotierten ATX-Betriebe (Wiener Börse) anschaut, ist die Unterrepräsentation der Frauen mit 3,9 Prozent noch deutlicher. Unwesentlich besser sieht es in den börsennotierten DAX-Unternehmen (Frankfurter Börse) aus. Dort sind 8 Frauen (4,2 Prozent) in den Vorständen gegenüber 189 Männern.
Braucht es also doch die Quote, damit sich an der Spitze für die Frauen etwas ändert? "Die Frauenquote ist ein zweischneidiges Schwert. Doch wenn es gar nicht anders geht, dann ist sie sinnvoll", sagt Monika Lindner, Vorstandsvorsitzende bei Epamedia und ehemalige ORF-Chefin.
Aber wer möchte schon gerne eine Quotenfrau sein. Paradox wird es, wenn sich Männer aufgrund der Quote benachteiligt fühlen. Dass es um eine Bevorzugung der Frau "bei gleicher Qualifikation" geht, fällt sehr häufig unter den Tisch.
Nach langwierigen Diskussionen hat Frauenministerin Heinisch-Hosek durchgesetzt, dass die Regierung einer Quote zustimmte. Eine Regierung übrigens, in der sechs von 14 Regierungsmitgliedern (ohne die vier männlichen Staatssekretäre) Frauen sind. Demnach sollen bis zum Jahr 2013 einmal 25 Prozent aller Aufsichtsratsfunktionen in staatsnahen Betrieben mit Frauen besetzt sein, 2018 soll die Frauenquote immerhin schon 35 Prozent betragen. Sanktionen wurden keine vereinbart.
Auch an den heimischen Unis wird Frauenförderung groß geschrieben - Früchte trägt das aber bisher kaum, kritisierte der Rechnungshof (RH) in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. "Je höher die Karrierestufe, desto niedriger der Frauenanteil", so das Bild an den Unis laut RH-Bericht. Der Frauenanteil bewegt sich hier zwischen lediglich 5,6 Prozent an der TU Graz und 25 Prozent an der Universität Wien. Das Universitätsgesetz sieht aber eine Quote von 40 Prozent für bestimmte Leitungsorgane vor.
EU plant verpflichtende Frauenquote
Für eine Frauenquote in Führungspositionen in der gesamten Wirtschaft hat sich das EU-Parlament im Juli hohe Ziele gesteckt. Der Vorschlag lautet: Bis 2015 soll es 30 Prozent Frauen im oberen Management geben, bis 2020 bereits 40 Prozent. "Zurzeit gibt es in vielen Unternehmen in der Praxis eine 90-prozentige Männerquote. Frauen werden in zahlreichen Betrieben systematisch ausgeschlossen", kritisierte EU-Kommissarin Viviane Reding in einem Interview. Wenn die Unternehmen nicht bis März kommenden Jahres "beweisen, dass sie genügend Frauen in Führungspositionen holen", werde die Quote vorgeschrieben, drohte die EU-Kommissarin.
Manche Mitgliedstaaten haben bereits in verschiedenen Bereichen eine Frauenquote festgelegt, wie etwa Italien 20 Prozent), Belgien (30 Prozent) oder Norwegen (40 Prozent). Dass es sich keine Wirtschaft und keine Gesellschaft mehr leisten kann, das Potenzial von mehr als 50 Prozent der Bevölkerung brachliegen zu lassen, darüber ist man sich zumindest einig.