Zum Hauptinhalt springen

Keine Aussicht auf ein Ende der Gewalt in Syrien

Von Thomas Seifert

Analysen

Ohrensessel-Interventionisten und die hilflose internationale Gemeinschaft.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wie schön, dass es die Obstruktionisten Russland und China im UN-Sicherheitsrat gibt. Würden beide Vetomächte nicht alle Syrien-relevanten Resolutionen blockieren, müssten die Interventions-Befürworter USA, Frankreich, Katar, Saudi-Arabien und die Türkei nämlich Farbe bekennen und zur Tat schreiten und intervenieren, wie sie das in Aussicht gestellt haben.

Ein militärisches Eingreifen in Syrien wäre hochgradig problematisch: Um das Morden zu stoppen und die Streitparteien zu trennen, sind Luftschläge nicht das geeignete Mittel. Dazu muss die Interventionstruppe den gesamten Raum kontrollieren - ohne Einsatz von Bodentruppen ist das nicht zu machen. Dazu kommt: Wer sollte überhaupt intervenieren?

Die USA, die eben erst ihre Soldaten aus dem Irak heimgeholt haben und auch peu à peu die Truppen aus Afghanistan zurückbeordern?

Die Türkei oder die golfarabischen Staaten, die riskieren, dass sich ein derartiges Unternehmen zu einem regionalen Krieg auswächst?

Oder gar die Europäer, die weder den Willen noch die Mittel für ein derartiges Abenteuer haben? Die Ohrensessel-Interventionisten kümmert zudem das Schicksal der syrischen Bevölkerung herzlich wenig: Ihnen geht es vor allem um die einmalige Gelegenheit, die Achse Teheran-Bagdad-Damaskus-Beirut zu durchtrennen und damit die Hisbollah im Libanon zu isolieren und den Einfluss des Iran in der Region zurückzudrängen.

Freilich: UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat recht, wenn er - wie gestern, Dienstag - vor den Vertretern aus 193 Ländern vor der UN-Generalversammlung fordert, dass die Gewalt gestoppt werden und die Lieferung von Waffen sowohl an die Regierungseinheiten als auch an die Rebellen eingestellt werden müsse. Menschenrechte würden "weiterhin brutal verletzt, hauptsächlich von der Regierung, aber auch von der Opposition", sagte Ban.

Die USA waren im Irak Babysitter eines Bürgerkriegs zwischen Schiiten und Sunniten. Trotz aller Versuche der Alliierten, das Morden zu stoppen, starben in diesem Konflikt zwischen 100.000 und einer Million Iraker, vier Millionen flüchteten. In Syrien gibt es niemanden, der bereit, Babysitter zu spielen.

Es bleibt nur die Illusion, dass die gewaltlose Krisenintervention der internationalen Staatengemeinschaft zumindest eine noch weitere Eskalation der Lage verhindern kann. Viel Hoffnung lässt der internationale Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi nicht aufkeimen, der vor dem UN-Sicherheitsrat unlängst gemeint hat, es gebe "keine Aussicht" auf ein baldiges Ende der Gewalt.