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Keine Einigung bei der Arbeitszeitrichtlinie

Von Wolfgang Tucek, Brüssel

Wirtschaft

Beim Treffen der EU-Arbeitsminister am Donnerstag hat es keine Annäherung über die so genannte Arbeitszeitrichtlinie gegeben. Großbritannien und zahlreiche weitere Länder lehnten einen Kompromissvorschlag der Kommission ab. Bestehende Ausnahmen von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit dürften nicht eingeschränkt werden.


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Erst einen Tag vor den Beratungen der Minister präsentierte die Kommission ihren Kompromissvorschlag. Eine Überschreitung der gesetzlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden solle zwar grundsätzlich ab drei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Richtlinie verboten sein. Mit einer speziellen Genehmigung der EU-Behörde solle es jedoch weitere drei Jahre möglich sein. Dazu müssten "Gründe bezüglich der Situation auf dem nationalen Arbeitsmarkt" vorliegen.

Bereits beim Mittagessen sah Österreichs Arbeitsminister Martin Bartenstein keine Möglichkeit zu einer Einigung. Damit befindet er sich in guter Gesellschaft: Großbritannien will keinen Zentimeter zurückweichen. Deutschland, Polen, die Slowakei, Slowenien, Estland, Malta und neuerdings Italien wollen sich die Möglichkeit jedenfalls erhalten - vor allem in Branchen wo Bereitschaftszeiten üblich sind, wie etwa im Gesundheitsbereich. "Da geht es um hunderte Millionen Euro", betonte ein Diplomat.

Frankreich, Belgien, Schweden, Spanien, Griechenland, Finnland und Litauen sind entschieden gegen die Ausnahmen (opt outs). So sieht das auch das Europäische Parlament. Dort wurde vor zwei Wochen mit großer Mehrheit für ein Auslaufen der opt outs gestimmt. Entsprechend wütend waren die Reaktionen auf den Vorschlag der Kommission. "Was der Kommissar Vladimir Spidla uns jetzt als Kompromiss verkaufen will ist eine Frechheit. Er ignoriert unsere Kernforderungen völlig" erklärte die Grüne EU-Abgeordnete Elisabeth Schroedter. "Nicht nur, dass die Kommission die Parlamentsdefinition der Bereitschaftszeit rückgängig machen will. Auch die so genannte opt-out-Klausel soll beibehalten werden." Damit spricht sie auch einen Streitpunkt an, bei dem unter den Mitgliedsstaaten weitgehende Einigung besteht.

Während das Parlament Bereitschaftszeit generell als Arbeitszeit bewerten will, folgen die Minister hier eher der Kommission. Inaktive Bereitschaftsdienstzeiten sollen demnach nur als Arbeitszeit gelten, wenn dies nationale Rechtsvorschriften extra vorsehen. Das Treffen der Minister am Donnerstag war die letzte Chance auf eine Einigung unter der Luxemburger Ratspräsidentschaft. Die Briten - die den Vorsitz ab Juli übernehmen - haben an einer Änderung der derzeitig gültigen Ausnahmeregeln kein Interesse. Daher wird sich die österreichische Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 damit beschäftigen müssen, meinte Bartenstein.