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Überarbeitetes Transparenzregister setzt weiterhin auf Freiwilligkeit.
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Brüssel/Straßburg. Es ist keine Führung zu bekannten Sehenswürdigkeiten oder ereignisreichen Orten. Vielmehr wollen die Mitglieder von Organisationen wie CEO (Corporate Europe Observatory) bei ihrer kleinen Tour für Interessierte auf etwas aufmerksam machen, was oft im Verborgenen zu bleiben bevorzugt. Die Lobby-kritischen Vereine veranstalten in unregelmäßigen Abständen Spaziergänge durch Brüssel zu den Orten, an denen Lobbyisten ihre Schreibtische haben. Das kann ein ganzes Stockwerk in einem mehrstöckigen Bürokomplex sein, wo sich ein Tabakkonzern eingemietet hat. Und manchmal ist nur ein dezentes Schild mit dem Namen einer Anwaltskanzlei zu sehen. Wen diese vertritt, fällt oft unter das Schlagwort Berufsgeheimnis.
Wie Washington ist Brüssel für Lobbyisten eine der wichtigsten Städte. Internationale Konzerne, Wirtschafts- und Industrievereine, aber auch nichtstaatliche Vereinigungen wie Umweltschutzorganisationen betreiben hier Lobbying. Es geht darum, Vertreter von EU-Institutionen wie Kommission und Parlament zu informieren, den eigenen Standpunkt klarzumachen und bestenfalls die Gesetzgebung in diesem Sinne zu beeinflussen. Einige EU-Abgeordnete räumen auch ein, dass diese Expertise teils nützlich sein kann.
Wie viele Lobbyisten in der EU-Hauptstadt tätig sind, ist jedoch unklar. Schätzungen gehen von 20.000 und mehr Menschen aus. Seit zweieinhalb Jahren gibt es zwar ein sogenanntes Transparenzregister, das aber auf Freiwilligkeit basiert. Knapp 6000 Einträge finden sich darin, was nach Angaben des EU-Parlaments drei Viertel der Wirtschafts- und 60 Prozent der Nichtregierungs-Organisationen entspricht. Anwaltskanzleien sind so gut wie gar keine darunter. Registrieren muss sich lediglich, wer einen permanenten Passierschein für das EU-Abgeordnetenhaus will.
Gruppierungen wie CEO oder Alter-EU setzen sich daher seit längerem für ein verpflichtendes Register ein. Ziel sei es nicht, Lobbying zu verbieten, sondern einseitige und geheime Einflussnahme zu vermeiden, erklärt Olivier Hoedeman von CEO.
Doch der Wunsch wird fürs Erste unerfüllt bleiben. Eine Pflicht zum Eintrag sieht derzeit nämlich auch die Arbeitsgruppe nicht vor, die ein halbes Jahr lang über eine Neuordnung des Transparenzregisters beraten hat. In Straßburg haben die Vertreter von EU-Parlament und -Kommission nun ihre Vorbereitungen abgeschlossen; über die Vorschläge muss das Abgeordnetenhaus abstimmen. Einen Vorstoß für eine spätere Verpflichtung könnte die Kommission erst 2016 machen.
Doch soll es im Transparenzregister künftig einige Änderungen geben. So soll eine Aufnahme in die Liste Lobbyisten Vorteile gegenüber nicht eingetragenen bringen. Das könnte erleichterter Zugang zum EU-Parlament als auch die Möglichkeit sein, von der Kommission als Experte angehört zu werden.