Im November waren 430.000 Menschen ohne Job - davon fast 60.000 Handelsangestellte.
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Wien. Die Zahl der Arbeitslosen ist mittlerweile auf 430.000 gestiegen und es gibt keine Entwarnung. Bis 2018 oder 2019, das prognostizieren die Wirtschaftsforscher, ist kein Rückgang zu erwarten. Im Gegenteil: Johannes Kopf, Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), rechnet sogar damit, dass demnächst eine halbe Million Menschen in Österreich ohne Job dastehen wird: "Wenn die Zahl von mehr als 500.000 nicht im Jänner 2016 erreicht wird, dann ist das aber im Jänner 2017 fix."
Grund dafür ist die anhaltend flaue Konjunktur. Seit vier Jahren liegt das Wirtschaftswachstum unter einem Prozent. Für positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt braucht es aber zumindest ein BIP-Wachstum von zwei Prozent. Ganz schlimm betroffen sind die Handelsangestellten. Fast 60.000 von ihnen waren im November arbeitslos oder in Schulung. Da sind die knapp 2700 Beschäftigten von Zielpunkt noch gar nicht berücksichtigt.
Ex-Mitarbeiter von Baumaxund Dayli gut versorgt
Dennoch konnte Kopf am Dienstag auch Erfreuliches vom Handel berichten: "Nur" rund 700 der vormals 3800 Beschäftigten von Baumax in Österreich sind derzeit noch ohne Job. Die meisten Baumax-Filialen wurden samt Mitarbeitern vom deutschen Baumarktriesen Obi übernommen. Einzelne Übernahmegespräche mit anderen Unternehmen laufen noch. Von den vor einem Jahr durch den Konkurs des Drogeriehändlers Dayli 1300 arbeitslos gewordenen Mitarbeiterinnen waren Ende November nur noch 89 arbeitslos gemeldet, weitere 52 waren in Ausbildung zu einem anderen Beruf. Für die Zielpunkt-Mitarbeiterinnen ist Kopf nicht so optimistisch, weil der Lebensmittelhandel in Österreich schon sehr dicht ist und eher Überkapazitäten hat.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer hingegen geht davon aus, dass ein Teil der Zielpunkt-Mitarbeiterinnen durch Filialübernahmen oder direkte Beschäftigungswechsel relativ kurzfristig wieder einen Arbeitsplatz hat.
Grundsätzlich, so der AMS-Chef, sei der Handel keine schrumpfende Branche, er hänge aber stark von der Konjuktur ab - und immer stärker auch vom Tourismus. Daher seien in schwachen Saisonen und in der Nebensaison immer mehr Handelsangestellte arbeitslos.
Kopf hofft aber auf Auswirkungen der Steuerreform, die ab Jänner 2016 wirksam werden wird. Dadurch sollte mehr Geld für den Konsum bleiben, was zu mehr Umsatz und schließlich auch wieder zu mehr Mitarbeitern im Handel führen sollte.
Zahl der Langzeitarbeitslosen hat sich verdreifacht
Die jüngste Arbeitslosenstatistik zeigt aber auch eine weitere stark betroffene Gruppe auf: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen nimmt kräftig zu. Die Zahl der Menschen, die schon länger als zwölf Monate keinen Job haben, hat sich im November im Jahresabstand verdreifacht - ein Plus von 31.400 Langzeitarbeitslosen auf 47.845.
In erster Linie seien davon Ältere, gesundheitlich Eingeschränkte und Geringqualifizierte betroffen, erklärte Kopf. Nach einer eigenen Definition von "Langzeitbeschäftigungslosen" (kurze Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit möglich) sind gerundet 113.500 Menschen betroffen. Über das Gesamtjahr 2015 seien über 25 Prozent der Arbeitslosen mehr als zwölf Monate ohne Arbeit. "Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, weil sie sich verfestigt", so Kopf. Und besonders besorgniserregend: Langzeitarbeitslosigkeit könne auch bei einer besseren konjunkturellen Lage nur schwer abgebaut werden.
Sozialminister Hundstorfer hat am Rande des Ministerrats auf einen kürzlich eingerichteten Spezialtopf für Langzeitarbeitslose verwiesen. Der Grund für den massiven Anstieg liegt aus Sicht des Ministers darin, dass vor allem auch mehr ältere Beschäftigte in die Langzeitarbeitslosigkeit hineinrutschen würden. "Mit den nunmehr im Parlament beschlossenen zusätzlichen 300 Millionen Euro an Arbeitsmarktmitteln für 2016 wird es möglich, die besonders von Ausgrenzung bedrohten Gruppen noch intensiver zu unterstützen", sagte Hundstorfer.
Aber nicht nur die Zahl der Arbeitslosen (die nationale Arbeitslosenquote liegt bei 9,2 Prozent - ein Plus von 0,6 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr, die Arbeitslosenquote nach Eurostat belief sich im Oktober auf 5,6 Prozent) ist gestiegen, sondern auch die Zahl der Beschäftigten. 3,52 Millionen Menschen waren im November unselbständig beschäftigt, 32.000 mehr als im November 2014.
Arbeitslosigkeit in Deutschland so niedrig wie 1991
In Deutschland dagegen brummt der Konjunkturmotor kräftig - was der deutschen Wirtschaft 2016 rund 200.000 neue Arbeitsplätze bringen wird. Im November ist die Zahl der Arbeitslosen auf den niedrigsten Stand seit mehr als 24 Jahren gefallen. Die Bundesagentur für Arbeit registrierte 2,633 Millionen Menschen auf Jobsuche. Das seien 16.000 weniger gewesen als im Oktober und 84.000 weniger als vor einem Jahr, teilte die Behörde mit. Die Arbeitslosenquote blieb im Vergleich zum Oktober unverändert bei 6 Prozent. Noch niedriger war die Arbeitslosenzahl zuletzt im Juni 1991 mit 2,435 Millionen Erwerbslosen.