Neue Lehrlingsförderung ab 1. Juli. | Finanzierung zum Teil aus dem Budget. | Wien. Sieger sehen anders aus. Nach einer ergebnislosen Verhandlungsrunde am Mittwochnachmittag hat sich die Bundesregierung am Donnerstag mit den Sozialpartnern auf eine Neugestaltung der Lehrlingsförderung und der Besserqualifizierung von Arbeitslosen geeinigt. Das Paket wurde von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer als erster Erfolg der zweitägigen Regierungsklausur präsentiert. Euphorie wollte dabei aber nicht so recht aufkommen.
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Vor dem Hintergrund des Koalitions-Hickhacks der vergangenen Tage taten sich Gusenbauer und Molterer sichtlich schwer, Freude über das eben Erreichte zu zeigen. Dabei dürfte der Finanzminister am ausgehandelten Kompromiss deutlich schwerer zu schlucken haben als der Bundeskanzler. Allem Anschein nach hat sich die nämlich die SPÖ durchgesetzt, was die konkrete Ausgestaltung der Ausbildungsgarantie für Jugendliche bis 18 Jahre angeht. Gemäß einem Sozialpartnerpapier zur Zukunft des Arbeitsmarkts hat sich Kanzler Gusenbauer in den vergangenen Tagen dafür ausgesprochen, Jugendlichen ohne Lehrstelle eine vollständige Berufsausbildung in überbetrieblichen Lehrwerkstätten anzubieten. Koalitionspartner ÖVP hätte hier eher Schulen verstärkt in der Verantwortung gesehen. Wie es nun scheint, haben sich Sozialpartner und Bundeskanzler in dieser Frage durchgesetzt.
Basis und Bonus
Dementsprechend soll das bestehende Auffangnetz des Arbeitsmarktservice (AMS) ausgebaut werden. Derzeit werden dort rund 6000 Jugendliche, die keinen regulären Ausbildungsplatz haben, vorübergehend betreut. Insgesamt stehen momentan 10.000 solcher Plätze zur Verfügung. Bis 2010 sollen diese den Ansprüchen einer durchgehenden Lehrausbildung angepasst und um 7000 Plätze aufgestockt werden. Wie die Umsetzung im Detail funktionieren wird, ist noch offen.
Eine grundsätzliche Einigung gibt es in Sachen Lehrlingsförderung. Das neue System besteht aus einer Basisförderung sowie dem Blum-Bonus II und gilt für alle Lehrverhältnisse, die ab 1. Juli 2008 eingegangen werden. Die Basisförderung ersetzt die bisherige Lehrlingsprämie von 1000 Euro pro Lehrling und Ausbildungsjahr und wird - wie von den Sozialpartnern vorgeschlagen - an die Höhe der Lehrlingsentschädigung gekoppelt sein. Beim Blum-Bonus II werden laut Molterer im ersten Lehrjahr 4800 Euro an Betriebe ausbezahlt, die neu - oder nach drei Jahren Pause wieder - auszubilden beginnen. Im zweiten Lehrjahr sind es 2400 Euro.
Zudem gibt es für Betriebe, die besonderen Wert auf die Qualität der Ausbildung legen, einen sogenannten Qualitätsbonus. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn Lehrlinge zur Mitte der Lehrzeit erfolgreich eine Qualitätsprüfung ablegen oder Unternehmen untereinander Ausbildungsverbünde schließen. Konkrete Förderkriterien und -höhen sollen durch ein neu einzurichtendes Gremium festgelegt werden.
Reserven anzapfen
Was dem Finanzminister noch weniger schmecken dürfte, als dass sich die SPÖ bei der Art der Ausbildungsgarantie durchgesetzt hat, ist die Finanzierung des 1,2 Milliarden Euro schweren Lehrlingspakets. Zwar soll ein Großteil der Mittel aus der Umschichtung bestehender Förderungen kommen, für den Rest muss Molterer auf Budgetreserven zurückgreifen.
Hier hat scheinbar Parteikollege Wirtschaftsminister Martin Bartenstein die Oberhand behalten. Dieser hatte sich immer gegen den Plan der Sozialpartner gestellt, die Finanzierungslücke über eine Wiedereinführung der Arbeitslosenversicherung für über 56-Jährige zu füllen. Molterer beeilte sich zwar festzustellen, dass extra für einen solchen Fall bereits vor einem Jahr Rückstellungen getroffen worden seien. Allerdings steht ein großer Brocken noch aus. Zwar legt das jetzige Paket auch eine Aufstockung der AMS-Fachkräfteausbildung fest. Der große Brocken Beschäftigungsförderung für ältere Arbeitnehmer wurde vorerst ausgeklammert. Hier soll es bis März zu einer Einigung kommen.
Lehrlingsförderung
Das neue System der Lehrlingsförderung tritt mit 1. Juli 2008 in Kraft und gilt für Lehrverhältnisse, die ab diesem Zeitpunkt eingegangen werden. Die bisherige Lehrlingsprämie von pauschal 1000 Euro wird durch eine Basisförderung ersetzt, die an die Höhe der Lehrlingsentschädigung gekoppelt ist. Daneben haben Betriebe die Möglichkeit, Förderungen zu kassieren, wenn sie neu - oder nach drei Jahren Pause wieder - ausbilden oder bei der Ausbildung besonders auf Qualität setzen. Damit soll einerseits die Schaffung zusätzlicher Lehrstellen angeregt und andererseits die Güte der Ausbildung gefördert werden. Konkrete Kriterien müssen allerdings erst erarbeitet werden.