Universitätsprofessor Hanns Abele vom Institut für Volkswirtschaftstheorie und -politik an der Wirtschaftsuniversität Wien hält die Warnung vor Fremdwährungskrediten für Privatpersonen für überzogen. Diese Kredite seien Ausdruck der Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft, betonte Abele am Dienstag in einer Pressekonferenz.
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Auch Kreditinstitute, Unternehmer und die öffentliche Hand würden sich Fremdwährungsfinanzierungen bedienen und die dabei entstehenden Zinsersparnisse ausnutzen, so der Ökonom, der im Auftrag des Fachverbandes der Finanzdienstleister eine Studie über die Chancen und Risken von Fremdwährungskrediten in Österreich erstellt hat. Es gehe nicht um Spekulation, sondern um eine Form von Arbitrage, d.h. das Ausnützen von Preisdifferenzen, und das könnten Private genauso gut wie Institutionelle. Umfragen hätten ergeben, dass sich Kunden, die einen Fremdwährungskredit aufnehmen, ihren Schritt vorher gut überlegen und sich informieren. Abele: "Fremdwährungskredite können und müssen als rationales Verhalten interpretiert werden." Dass Fremdwährungskredite eine Gefahr für die Stabilität des heimischen Bankensystems darstellen, weist der Experte zurück. Auslandswertpapiere, derivative Finanzinstrumente oder unbesicherte Inlandskredite seien mit viel höheren Risken behaftet.
Keine "Entwarnung" seitens der Arbeiterkammer
Die Arbeiterkammer (AK) kann keine Entwarnung geben: "Grundsätzlich gilt: Wer sich einen Eurokredit nicht leisten kann, soll auch keinen Fremdwährungskredit aufnehmen", hieß es in einer Presseaussendung. Die Spesen bei einem Fremdwährungskredit seien höher als bei einem Eurokredit. Außerdem seien in den Verträgen die Klauseln sehr schwammig erläutert, etwa welche Kurse verrechnet werden.
Johann Massenbauer, Experte für Fremdwährungsfinanzierungen, warnte vor deren missbräuchlicher Verwendung, vor allem in der Bauwirtschaft: "90% der Kreditberater haben keine ausreichende Fachkenntnis." Es gebe aber auch Kunden, die keine Beratung wollen, kann sich Massenbauer nur wundern. Diese sollten lieber ihre Finger von Fremdwährungsfinanzierungen lassen, denn es müsse die Bereitschaft vorhanden sein, sich laufend mit der Materie zu beschäftigen und eventuell in eine andere Währung zu wechseln.
Die Kreditrate dürfe höchstens ein Drittel des Nettoeinkommens ausmachen, nennt Massenbauer ein weiteres Kriterium zur Aufnahme bzw. Vergabe von Fremdwährungskrediten. Eine Konvertierungsklausel im Kreditvertrag sollten Konsumenten auf keinen Fall zulassen. Sonst könnte es passieren, dass die Bank den Kredit ohne vorherige Benachrichtigung in Euro "zwangskonvertiert".
Nach Angaben der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) machten per Ende Juni von den gesamten Ausleihungen der österreichischen Kreditinstitute an Nicht-Banken 45,1 Mrd. Euro oder 19% Kredite in fremden Währungen aus. Der Großteil der Fremdwährungskredite entfiel mit 31,9 Mrd. Euro auf den Schweizer Franken, gefolgt vom japanischen Yen mit 9,8 Mrd. und dem US-Dollar mit 3 Mrd. Euro.