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Keine Lex Islam - Norwegen hat es vorgemacht

Von Heiko Heinisch

Gastkommentare
Heiko Heinisch ist Historiker und arbeitete unter anderem für das Ludwig-Boltzmann-Institut. Er ist Mitautor des Buches "Europa, Menschenrechte und Islam - ein Kulturkampf?" (Passagen Verlag).
© privat

Die Unterbindung der Finanzierung islamischer Einrichtungen durch Saudi-Arabien, die Türkei und andere Staaten des politischen Islam ist sinnvoll. Statt hierfür eine Lex Islam zu schaffen, könnte sich der Gesetzgeber am norwegischen Beispiel orientieren.


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Die Diskussion über das neue Islamgesetz reißt nicht ab. Die Türkische Kulturgemeinde (TKG) und die Alevitische Glaubensgemeinschaft (Alevi) begrüßen den Entwurf. Die TKG hebt insbesondere das Verbot der Auslandsfinanzierung von Glaubensgemeinschaften positiv hervor. Gerade dieses ist der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) ein Dorn im Auge, denn viele ihrer Einrichtungen werden aus islamischen Ländern finanziert, darunter das Islamische Zentrum in Wien, 1979 von Saudi-Arabien erbaut und seither von dort finanziert. Die Atib wiederum, eine Teilorganisation der IGGiÖ, ist de jure eine Unterorganisation des Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Türkei; Imame in den Moscheen der Atib sind bezahlte Angestellte dieser staatlichen türkischen Behörde.

Man muss schon sehr naiv sein, um anzunehmen, dass die Geldgeber keinen Einfluss auf die religiöse Lehre in "ihren" Einrichtungen und auf die hier lebenden Muslime nehmen wollen. Natürlich wird im Islamischen Zentrum nicht offen für das in Saudi-Arabien übliche Köpfen und Steinigen geworben, aber etwa das schon 2005 zum Skandal geratene Buch des Islamisten Yusuf al-Qaradawi "Erlaubtes und Verbotenes im Islam" wird vom Zentrum weiterhin empfohlen und vertrieben. Qaradawi befürwortet die Todesstrafe für Apostasie, Peitschenhiebe für Homosexuelle und hält Hitler für den Mann, der die Juden zurechtgewiesen habe.

Trotzdem scheint es rechtsstaatlich bedenklich, eine Lex Islam zu schaffen und nur islamischen Glaubensgemeinschaften die Finanzierung aus ausländischen Quellen zu untersagen. Norwegen hat demgegenüber eine smarte und verfassungskonforme Lösung gefunden, die beispielgebend sein könnte: Seit 2010 ist die Auslandsfinanzierung von Glaubensgemeinschaften generell genehmigungspflichtig. Dabei greift Norwegen auf das Prinzip der direkten Reziprozität zurück. Die beiden mit saudischem Geld geplanten Moscheebauten wurden untersagt, weil der saudische Staat auf seinem Territorium keine Finanzierung von Kirchenbauten durch Norwegen duldet (er duldet keine andere Religion als die islamische). Warum also sollte Norwegen Saudi-Arabien erlauben, Moscheen in Norwegen zu bauen? Dieses Verbot richtet sich nicht gegen die norwegischen Muslime; beide Moscheen können jederzeit gebaut werden, nur nicht mit saudischem Geld. Angelpunkt der Argumentation sind zwischenstaatliche Beziehungen. Ähnlich lässt sich auch gegenüber der Türkei argumentieren, wo die freie Religionsausübung religiöser Minderheiten stark eingeschränkt ist. Priester, die in der Türkei arbeiten wollen, müssen entweder Diplomatenstatus besitzen oder türkische Staatsbürger sein. Warum sollte man also einer türkischen Behörde erlauben, hier Moscheen zu betreiben? Mit der Anwendung einer solchen Reziprozitätsregelung könnte zum einen der Einfluss des politischen Islam aus diesen Ländern verringert und zum anderen Druck auf die entsprechenden Staaten ausgeübt werden, Minderheitenrechte und Menschenrechte anzuerkennen - etwas jenes auf Religionsfreiheit.