Die EU muss gegenüber Russland entschlossener auftreten.
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Am Montag haben die EU-Außenminister neue Sanktionen gegen das Regime in Belarus und eine neue Strategie gegenüber Russland beschlossen. Als Antwort auf die Entführung eines EU-Linienflugzeugs nach Minsk, um den an Bord sitzenden Oppositionellen Roman Protassewitsch inhaftieren zu können, treten scharfe Wirtschaftssanktionen gegen das Regime von Alexander Lukaschenko in Kraft. Österreich soll diese als einziges EU-Mitglied zunächst mit Rücksicht auf eigene Investoren in Belarus wie Raiffeisen oder A1 zu blockieren beziehungsweise abzumildern versucht haben und erst nach Protesten auf die EU-Linie eingeschwenkt sein, hieß es in Medienberichten. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg hat dies allerdings am Montag zurückgewiesen.
Heikler sind die Beziehungen der EU mit Russland. Das Land wird nicht nur in der Außen- und Sicherheitspolitik als Partner benötigt - etwa beim Verhältnis zu China oder im Nahen Osten -, sondern auch bei der Energie oder beim Klimaschutz. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat vergangene Woche eine neue dreistufige Strategie vorgestellt: Die Verletzung von Menschenrechten und Völkerrecht solle zurückgewiesen werden ("push-back"); Versuche, EU-Interessen zu untergraben, sollten eingeschränkt werden ("constrain"); ansonsten sollte jedoch die Zusammenarbeit gesucht werden ("engage"). Zugleich stellte Borrell klar, dass eine "erneuerte Partnerschaft" noch lange nicht in Sicht sei. Dies liegt auch an der Rolle des Kreml beim Konflikt in der Ost-Ukraine.
Das erste Treffen von US-Präsident Joe Biden und Kreml-Chef Wladimir Putin vergangene Woche in Genf hat gezeigt, dass sich die USA nicht mehr wie unter Donald Trump von Putin an der Nase herumführen lassen. In EU-Belange hat er sich dagegen bisher mehrfach und folgenlos eingemischt, etwa durch Unterstützung von EU-Gegnern und Brexit-Anhängern mittels Desinformation aus seinen Trollfabriken. Er schickte auch seine Geheimagenten aus, die auf dem damaligen EU-Territorium - Großbritannien - Gegner mit Nervengift zu töten versuchten. Auch in Berlin wurden schon Gegner Putins exekutiert.
Doch die Reaktion der EU darauf war bis dato zu zögerlich. Die meisten bisher beschlossenen EU-Sanktionen tun Russland nicht wirklich weh. Die einzige Maßnahme, die dem Kreml wirklich massiven Schaden zufügen würde, wäre ein - zumindest temporärer - Stopp des Baus der Gaspipeline Nord Stream 2. Doch dagegen wehrt sich vor allem Deutschland als Hauptinvestor der Pipeline. Sogar die neue US-Administration hat von angedrohten Sanktionen gegen europäische Firmen, die an der Pipeline beteiligt sind, Abstand genommen.
Auch ein Abschneiden russischer Banken von internationalen Finanznetzwerken wie Swift wäre für Russland schmerzhaft. Aber auch dazu war bisher die EU nicht bereit. Mit einigen Einreiseverboten und Kontosperren gegen ausgewählte russische Justizbeamte, die an der Verurteilung des Regimekritikers Alexej Nawalny beteiligt waren, wird die EU jedenfalls keine effektive Drohkulisse errichten können. Putin muss klargemacht werden, dass er rote Linien nicht mehr ungestraft überschreiten darf.