Khol: Trotz Kritik bleibt Freundschaft mit USA bestehen. | Visa-Affäre hat neue Dimension bekommen. | Rot-grüner Bundesrat ist Lüfterl im Wasserglas. | Andreas Khol: Die Visa-Affäre ist eine gezielte, internationale und kriminelle Aktion von Schleppern in Zusammenarbeit mit Unternehmen, die zu dem Zweck gegründet wurden, um die strengen Schengen-Regeln zu unterlaufen.
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Und wer ist verantwortlich dafür, dass es überhaupt so weit kommen konnte?
Das kann ich jetzt noch nicht sagen, derzeit sind fünf Stellen mit der Untersuchung der Vorfälle befasst. Was als Einzelfall an einer Botschaft begonnen hat, scheint inzwischen eine ganz andere Dimension bekommen zu haben.
Aus dem Innenministerium hört man, dass schon seit langem auf Missstände hingewiesen wurde, das Außenamt aber nicht reagiert habe.
Das stimmt nicht - es wurde jedes Mal sofort die Justiz eingeschaltet. Derzeit untersuchen Justiz, Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei, Außenministerium und Rechnungshof.
Die Opposition fordert vehement die Einsetzung eines Untersuchungs-Ausschusses.
Zuerst müssen einmal die Untersuchungsergebnisse vorliegen. Die Frage eines U-Ausschusses stellt sich für mich erst dann, wenn klar ist, dass jemand politisch in der Verantwortung steht. Wir wissen derzeit nur, dass es Rauch gibt, aber wie kennen weder das Feuer noch wer dahinter steckt.
Die USA haben mit ihren Geheim-Flügen über Europa mit Gefangenen an Bord gleich mehrfach gegen internationales Recht verstoßen. Ist den Mächtigen alles erlaubt?
In Europa ist die Menschenrechtskonvention teil der öffentlichen Ordnung - und die Mächtigen sind noch strenger an sie gebunden. Es gibt keine Lizenz zum Foltern oder Töten!
Sollte es Konsequenzen für die USA geben?
Ich kann nur für Österreich sprechen: Hier hat es einen einzigen Regelverstoß gegeben, dabei handelte es sich allerdings um einen Gerätetransport - und dafür haben sich die USA entschuldigt.
Damit ist es getan?
Ja.
Es scheint, als ob die USA im Kampf gegen den Terror immer öfter von rechtsstaatlichen Prinzipien abgehen. Was bedeutet das für das transatlantische Verhältnis?
Ich werde nicht vergessen, dass es die Vereinigten Staaten waren, die uns vom Nationalsozialismus befreit und vor dem Kommunismus bewahrt haben. Das ändert aber nichts an meiner Kritik über das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba. Und trotzdem sind wir im Grundprinzip mit den USA befreundet.
Zurück zur Innenpolitik: Freuen Sie sich eigentlich als bekennender Föderalist über den neuen Stellenwert, den der Bundesrat seit seiner rot-grünen Mehrheit genießt?
Ich halte diese Aufregung für ein Lüfterl im Wasserglas. Die Regierung wird mit den Einsprüchen leben, auch wenn das Regieren dadurch noch eine Schraubendrehung schwieriger wird. Der Bundesrat wäre allerdings gut beraten, föderalistische statt parteipolitische Begründungen als Grund für seine Einsprüche zu wählen.
Wie viele Parteien werden noch bei den nächsten Wahlen den Sprung ins Parlament schaffen?
Ich gehe davon aus, dass sowohl BZÖ als auch FPÖ in den neuen Nationalrat einziehen werden. Wir werden also wieder ein 5-Parteien-Parlament haben, wie dies schon einmal der Fall war.
Was bedeutet das für die Bildung einer neuen Regierung?
Da würde ich mir jetzt keine Sorgen machen, es hat sich seit 1945 noch immer leicht eine Regierungsmehrheit gefunden.
Welche Lehren ziehen Sie denn aus dem deutschen Wahlkampf?
Dass es klug ist, ohne Koalitionsaussage in die Wahlen zu gehen, und dass man nicht im Doppelpack antreten soll. Aber das wissen mittlerweile alle Parteien. Und dass es wichtig ist, das Konzept der ökosozialen Marktwirtschaft ganz konkret auf die Lebenssituation der Menschen herunter zu brechen.
Sind die Wähler reif für die ungeschminkte Wahrheit? Immerhin ist CDU-Chefin Angela Merkel für ihren ehrlichen Wahlkampf von den Bürgern nicht gerade belohnt worden.
Kein aktiver Politiker kann diese Frage abstrakt beantworten. Im Gegensatz zu Deutschland verfügen wir aber dank rechtzeitiger Reformen über ein stabiles Budget. Deshalb sind bei uns auch keine radikalen Einschnitte in diesem Ausmaß notwendig. Wir haben unsere Versprechen vom letzten Mal - Steuern senken und Abgaben nicht erhöhen - eins zu eins umgesetzt. Das wird auch dieses Mal wieder so sein. Demgegenüber klingt das, was die SPÖ sagt, eher nach Bestatt nach Entlastung.
Wie halten Sie es mit 130 km/h auf der Autobahn?
Wer selbst noch nie schneller als 130 km/h auf der Autobahn gefahren ist, der werfe den ersten Stein. Ich fahre regelmäßig mit meinem Skoda Diesel über das deutsche Eck nach Hause nach Innsbruck. Hier ist es erlaubt, schneller zu fahren - und wo das der Fall ist, habe ich damit kein Problem. Außerdem lege ich Wert auf die Feststellung, dass ich noch keine einzige Anzeige wegen Geschwindigkeitsübertretung erhalten habe. Nur einmal, bei Scheifling in der Steiermark, hat es mich geblitzt, als ich statt der erlaubten 50 km/h 60 gefahren bin. Das ist ein ganz gefährliches Radar. Im übrigen fährt ohnehin meistens meine Frau, sie ist konzentrierter.