Verwirrung um Arbeitsgruppe im Finanzministerium | Schüssel will sich Steuerreform nicht zerreden lassen. | Wien. Einige Verwirrung herrschte am Dienstag über die unter Leitung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser eingesetzte Arbeitsgruppe. Soll diese nun eine weitere Steuerreform vorbereiten, wie das BZÖ dies behauptet, oder nicht?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel stellte im Pressefoyer nach dem Ministerrat klar, dass in dieser Arbeitsgruppe nicht an einer weiteren Steuerreform gearbeitet wird. Die Gruppe solle sichtbar machen, dass die laufende Steuerreform 2004/05 ein Entlastungsvolumen von 3 Milliarden Euro bringt. 1,5 Milliarden Euro davon würden erst im kommenden Jahr wirksam werden.
Darüber hinaus habe er, Schüssel, den Finanzminister gebeten, mittelfristige Perspektiven bis 2010 zu entwickeln. "Das ist Konsens", sagte der Kanzler zu anders lautenden Aussagen aus dem BZÖ. Es sei aber auch legitim, eigenständige Ziele zu haben.
Finz: Können uns keine Steuerreform leisten
In der Sache blieb Schüssel hart: Die laufende Steuerreform sei ein "großer Wurf - ein Kernstück unserer Regierungsarbeit. Das lasse ich mir nicht zerreden".
Unterstützung erhielt der Kanzler sowohl vom Finanzminister als auch von seinem Staatssekretär Alfred Finz. Beide dementierten, dass an einer Steuerreform gearbeitet werde. Vor 2008 könne es keine weitere Steuerreform geben. "Weil wir es uns nicht leisten können", sagte Finz.
Sozialministerin Ursula Haubner kam ihrem Bruder zu Hilfe. Sie bestätigte eine koalitionsübergreifende Arbeitsgruppe. Auf einen Zeitpunkt für eine weitere Steuerentlastung wollte sie sich aber nicht festlegen. Man denke über die nächste Legislaturperiode hinaus.
Haider selbst bleibt auch dabei: "Wir haben am Sonntagabend eine Steuerreformgruppe eingesetzt, das wurde vereinbart." Darin sollen weitere Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung diskutiert werden. An dem Gespräch am Sonntag hätten neben ihm selbst und dem Bundeskanzler der Finanzminister, die Klubobmänner Wilhelm Molterer und Herbert Scheibner sowie Vizekanzler Hubert Gorbach teilgenommen. Schüssel habe dort gesagt, ihm gefalle die Idee einer rechtsformneutralen steuerlichen Behandlung von Unternehmen sehr gut. Warum aus der ÖVP dennoch keine Bestätigung für diese Version kommt, erklärt Haider damit, dass die ÖVP beleidigt sei, "weil sie das Thema nicht in der Öffentlichkeit verkauft hat".
Es habe am Sonntag Vorgespräche zur Regierungsklausur am 13. und 14. September in Innsbruck gegeben, stellte Schüssel klar.
Die koalitionsinterne Arbeitsgruppe gibt es derzeit noch nicht, bestätigte das Finanzministerium der "Wiener Zeitung". Allerdings wird eine solche demnächst eingesetzt. Mit dem Ziel: Die Effekte der Steuerreform 2004/05 zu prüfen und mittel- bis langfristig, also bis 2010, Perspektiven zu entwickeln.
Van der Bellen gegen Steuergeschenke
Die Grünen verstehen den Standpunkt der ÖVP. Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen meinte: Weitere Steuergeschenke würden die Misere vergrößern. Die FPÖ folgert daraus, dass ÖVP und Grüne bereits einen Pakt geschlossen hätten. Die Steuerreformdebatte sei daher Schaumschlägerei, man solle sie beenden, forderte FPÖ-Vize Norbert Hofer. Die SPÖ hält die Arbeitsgruppe als Beweis dafür, dass die angeblich größte Steuerreform gescheitert sei.