Initiativen punkten in Form und Inhalt. | Unterrichtsministerin Claudia Schmied: "Aktion muss weitergehen." | Wien. Interkulturalität und Mehrsprachigkeit statt Clash of cultures und Ausgrenzung: Rund 5200 Schüler haben im vergangenen Schuljahr mehr als 100 Projekte im Rahmen einer Aktion zu diesem Thema eingereicht. 67 Projekte werden vom Unterrichtsministerium mit bis zu 700 Euro gefördert und vom Projektpartner KulturKontakt Austria begleitet. Sieben herausragende Ideen wurden nun im Unterrichtsministerium im Beisein von Ressortchefin Claudia Schmied vorgestellt.
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Von künstlerischen Ansätzen wie der Herstellung eines Stoffkonstruktes, das den Reichtum von Mehrsprachigkeit symbolisiert, bis zur geschichtlichen Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe des Heimatortes - die Herangehensweisen waren sehr unterschiedlich. Das Ausbildungszentrum St. Josef in Salzburg erarbeitete eine Verständigungsbroschüre für Ärzte und Patienten. Deutsche, englische, serbokroatische und türkische Versionen von "Können Sie mir bitte die E-Card geben?" bis hin zu "Kann ich einen Termin verschieben?" sollen beiden Seiten das Leben erleichtern. Das Land Salzburg, die Ärztekammer und die Apothekerkammer zeigten sich interessiert, das Heft zu drucken und zu verteilen.
Die BHAK Hallein (Salzburg) wiederum hat mit "All United - Eine Reise durch Kulturen" ein mehrsprachiges Brettspiel für Groß und Klein konzipiert und produziert. Die Klasse vermarktet "All United" selbst, mit Erfolg: Es konnten bereits 60 Stück verkauft werden, bald stehen Verhandlungen mit dem Spiele-Riesen Ravensburger an. Wesentlich bei dem Spiel aus Hallein ist der Bezug auf das Thema Zusammenleben: So kann man nur gewinnen, wenn man mit einem anderen Spieler zusammenarbeitet.
"Dont panic, Im islamic"
Die Schülerinnen der Islamischen Fachschule für Soziale Bildung in Wien widmeten sich in ihrer Initiative "My own diversity" unter anderem dem polarisierenden Thema Kopftuch. "Wir wollten etwas bewegen, da wir täglich mit Vorurteilen konfrontiert werden", erklären Semra, Nazire, Heralinda und Seda. Die Mädchen, von denen die meisten selbst ein Kopftuch tragen, haben diese Erfahrungen aus dem eigenen Alltag eingebaut: "In der U-Bahn schauen Leute einen schnell einmal komisch an, dabei ist das ja nur ein Tuch auf dem Kopf, sonst nichts", sagt Semra im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Deswegen ging es ihr und ihren Mitschülerinnen um einen nüchterneren Zugang. Gemeinsam mit Künstlern stellten sie etwa Tücher mit pazifistischen Symbolen sowie Sprüchen wie "Dont panic, Im islamic" ("Keine Panik, ich bin islamisch") her. Dieses Motto griff denn auch gleich Gerhard Kowar, Direktor von KulturKontakt, in seinen Schlussworten auf und ergänzte: "Fürchten wir uns nicht vor uns selbst, vor den Kulturen, in denen wir zu Hause sind, fürchten wir uns nicht vor den Kulturen, in denen unsere Freunde zu Hause sind."
Unterrichtsministerin Schmied sieht dank der Aktion Grund zu mehr Optimismus: Die Schüler-Initiative zeige eine Perspektive in die Zukunft, die positiver sei, als es etwa durch den Wiener Wahlkampf vermittelt würde. Die Aktion "Interkulturalität und Mehrsprachigkeit", die für jedes Schuljahr neu konzipiert wird, müsse auf jeden Fall weitergehen.
Projektkoordinatorin Elisabeth Breuss von KulturKontakt betont gegenüber der "Wiener Zeitung", dass man dabei realistisch bleiben müsse: "Es handelt sich hier um eine projektbezogene Arbeit abseits des Regelbetriebs, eine zusätzlich Hilfe für die Schule von außen, die sie mit anderen Akteuren wie Nichtregierungsorganisationen oder Kunstvereinen zusammenbringt."
Aktion als Inspiration
Dass es genügend Schulen gibt, in denen sozial schwächere Migrantenkinder nachhinken, bezweifelt die Projektkoordinatorin nicht: "Diesbezüglich sind derartige Schulaktionen sicher nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber sie können trotzdem etwas bewirken, das Gesellschaftsbild verändern, Inspiration sein", ist Breuss überzeugt.
Und was nehmen die teilnehmenden Schüler von der Aktion für sich mit? "Man lernt mehr als im Unterricht", sagt Semra von der Islamischen Fachschule. Frederik von der Unesco-Hauptschule in Kittsee (Burgenland) formuliert das anders: "Es war toll, dass heute keine Schule war", erklärt er und lächelt verschmitzt. "Von den Projekten fand ich das mit der Gebärdensprache am interessantesten", ergänzt der Zwölfjährige. "Und es war nett, die Ministerin kennenzulernen."