In der ÖVP wachsen die Bedenken gegen Koalition. | Die SPÖ will den Pakt endlich finalisieren. | In der Innenpolitik schlägt wieder die Stunde der Psychologen. Blufft Josef Pröll nur oder ist es dem designierten ÖVP-Obmann ernst? Hat er überhaupt politische Alternativen zur Rolle des SPÖ-Juniorpartners, rätseln wiederum die professionellen Beobachter. Und wenn ja, strebt Pröll diese von sich aus auch tatsächlich an oder muss er nur so tun, als ob - zur Besänftigung der innerparteilichen Kritiker einer Neuauflage der großen Koalition unter einem Bundeskanzler Werner Faymann?
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Der 10-Fragen-Katalog der Volkspartei an die SPÖ hat die bereits sicher scheinende große Koalition wieder ein klein wenig unsicherer werden lassen. Ob das aber ausreicht, den auf Schiene befindlichen Zug entgleisen zu lassen, ist mehr als fraglich. Als Hintergrund für eine aktuelle Bestandsaufnahme eignet sich die als Verhandlungsunterbrechung getarnte Nachdenkpause aber allemal. So erweist sich etwa die Arbeit der Untergruppen immer deutlicher als Potemkinsches Dorf von erschreckenden Ausmaßen: "Null Substanz", so ein schwarzer Insider, der es wissen muss, über deren Qualität ohne diplomatische Höflichkeit. Angesprochen dürfen sich beide Parteien fühlen.
Die SPÖ ahnt, dass in der jetzigen Situation nur eines hilft: Ruhigen Kopf bewahren und dem orientierungslosen Partner in spe gut zureden - ihm aber trotzdem um keinen Preis mehr aus der politischen Umarmung zu entlassen. So erklären sich auch die erstaunlich gelassenen Reaktionen aus der SPÖ am Montag auf den quasi ultimativen schwarzen Fragenkatalog. Nur Wiens Bürgermeister Michael Häupl schwamm einsam gegen den roten Kuschelkurs und sprach offen aus, wie er sich fühlte, indem er sich über die "Pflanzerei" lautstark beschwerte. Tatsächlich erzählen die zehn Fragen mehr über den politischen Zustand des Fragestellers, als sie zu inhaltlichen Klarstellungen beitragen könnten.
Werner Faymanns Reaktion macht den Ernst der Lage besonders deutlich: Er tat etwas, was er bisher noch kaum freiwillig getan hatte. Statt in Exklusivinterviews mit dem Boulevard kommuniziert er diesmal politisch korrekt - nämlich via förmlichem Antwortbrief an Pröll, der zugleich auch an die Austria Presse Agentur übermittelt wurde.
Damit hat er das in der Politik so entscheidende Gesetz des Handelns wieder an sich gerissen. Bis Donnerstag sollten die Antworten bei der ÖVP eintrudeln - nicht einmal diese kleine Verschnaufpause hat der geschickte Taktiker Pröll vergönnt. Nach nicht einmal zwei Tagen muss die ÖVP wieder vom Dirigentenpult herabsteigen.
Zuvor, übers Wochenende war Faymann - seltenes Künstlerpech - Opfer seines eigenen Talents als Kommunikator geworden. Die Art und Weise, wie er die ÖVP in Sachen Post AG an die Wand spielte, sie fast schon aufreizend souverän im Regen stehen ließ, muss selbst für überzeugte Großkoalitionäre in der ÖVP abschreckend gewirkt haben. In einer solchen Regierung würde es für den Juniorpartner nichts zu gewinnen geben, die ÖVP dem medialen Doppelpassspiel Faymanns nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen haben.
Im besten Fall. Im schlechtesten würde es die Volkspartei zwischen der Faymann-SPÖ und der Strache-FPÖ zermalmen, befürchten diejenigen Schwarzen, die eine große Koalition prinzipiell ablehnen und sich politische Regeneration in der Opposition oder einen ÖVP-Kanzler wünschen. Diese Gruppe erhielt dank Faymanns fulminanten Ritt auf der Post-Kutsche in den letzten Tagen Rückenwind.
Josef Pröll braucht nun Zeit, dieses Lehrstück wieder vergessen zu machen - und Erfolge in den Augen der eigenen Leute. Die zehn Fragen waren ein erster Versuch, Faymann hat ihn durchschaut. Es werden weitere nachfolgen. Beim Parteitag am 28. November in Wels, bei dem Josef Pröll zum ÖVP-Chef gewählt werden soll, ist es am schwarzen Hoffnungsträger, Antworten zu geben. Die werden wohl endgültig ausfallen.
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