Zum Hauptinhalt springen

Keine Pause nach Reform-Einigung

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Klimaschutz und Kosovo auf Agenda. | In einer Woche Gipfel mit Russland. | Lissabon. Die EU-Spitzenpolitiker waren sich einig: Bei strahlendem Sonnenschein verkündeten sie, dass die Lähmung der Union vorbei sei. Jetzt könne sich die EU um die wirklich wichtigen Themen abseits der eigenen Reform kümmern. "Nach sechs Jahren der Selbstbeschäftigungsphase kann die Zukunft der EU beginnen", sagte der österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Freitag. Von der Stärkung des sozialen Europa schwärmte er - und glaubwürdigem Klimaschutz. Gleichzeitig wirft die anstehende Klärung des Kosovo-Status seinen Schatten über die Euphorie der Vertragseinigung.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Und der Klima-Lackmustest für die Mitgliedsstaaten kommt bereits, bevor die Staats- und Regierungschefs den neuen Reformvertrag am 13. Dezember überhaupt feierlich unterzeichnen können. Denn rund zwei Wochen davor präzisiert die EU-Kommission, welchen Beitrag jeder Staat künftig für die ehrgeizigen Klimaziele der Union leisten muss: 20 Prozent weniger Treibhausgase bis 2020 und einen Anteil von mindestens 20 Prozent erneuerbaren Energiequellen wurden vereinbart.

Parallel dazu soll auf der UNO-Klimaschutzkonferenz in Bali ein Nachfolgeabkommen zum 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll auf den Weg gebracht werden.

Die gemeinsame Klimaschutzpolitik ist ein expliziter Bestandteil des neuen nach der portugiesischen Hauptstadt benannten Lissabonner Vertrags. Geht es aber um konkrete nationale Verpflichtungen, kann nicht mit entspannten Verhandlungspositionen gerechnet werden. Österreich hat schon größte Probleme, überhaupt seinen Kyoto-Verpflichtungen nachzukommen: Statt minus 13 Prozent Kohlendioxidausstoß von 1990 bis 2012 werden rund 17 Prozent Plus verzeichnet.

Lkw-Verkehr als Sünder

Gusenbauer hat bereits die "gegen den Klimaschutz gerichtete" EU-Verkehrsgesetzgebung als Sündenbock ausgemacht, die den Lkw-Verkehr fördere. Das gesamteuropäische Ziel, innerhalb von 12 Jahren von einem derzeitigen Anteil erneuerbarer Energien von rund sechs Prozent auf 20 zu kommen, treibt Experten seit Monaten die Schweißperlen auf die Stirn.

Die Kosovo-Frage wird schließlich am 10. Dezember akut, wenn die allerletzten und wenig aussichtsreichen Verhandlungen für einen Konsens über den künftigen Status des Kosovo auslaufen (siehe auch Seite 8). Das von Russland massiv unterstützte Serbien kann mit einer Unabhängigkeit des Kosovo nichts anfangen. Hier will die EU eine Führungsrolle einnehmen, um innerhalb der nächsten Monate eine Lösung zu finden. Den Auftakt bildet der EU-Russlandgipfel Ende kommender Woche, dessen Schwerpunkt die verzwickte Lage um die südserbische Provinz sein soll.

Und ganz wird die EU auch nicht aufhören können, sich um die eigene Reform zu kümmern. Ab 2008 steht nämlich die Revision der Haushaltsstrukturen auf der Agenda.