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Keine Psychologie in Afghanistan

Von Georg Friesenbichler

Politik

Studie: Bisheriges Vorgehen hat versagt. | Ringen um neue Strategien.


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London/Berlin/Wien. Die Nato ist sich einig: Mehr Geld für den Wiederaufbau in Afghanistan wird es geben, wurde vergangene Woche in Brüssel beschlossen. In Berlin folgte nun ein zweitägiges Koordinierungstreffen, das die bisherige Strategie zur Stabilisierung des Landes überprüfen soll. Diese habe versagt, übte das renommierte Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) am Mittwoch Kritik.

Es genüge nicht, an die Einheimischen Flugblätter zu verteilen, auf denen Sätze stehen wie "Wir sind hier, um zu helfen" oder "Das Leben wird besser". In Wirklichkeit verbessert sich nämlich das Leben nicht zwangsläufig und die Militärpräsenz könnte die Dinge noch verschlechtern, hieß es bei der Vorstellung der Studie zur "Militärischen Balance 2007".

Was zu Hause als militärischer Erfolg präsentiert werden könne, kann in dem besetzten Land ins Gegenteil umschlagen. Die Auflistung der getöteten Taliban-Kämpfer etwa sei kontraproduktiv, weil für die Islamisten der "Tod eine Form des Sieges" sei.

Daher beklagt das IISS einen Mangel an psychologischer Kriegsführung durch Nato und USA. In Afghanistan wie auch im Irak würde zu wenig auf die wirklichen Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung eingegangen.

Die betroffenen Partner wollen nun Abhilfe schaffen, zumindest was Geldmittel und Absichtserklärungen betrifft: Einen ganzheitlichen Ansatz solle es geben, eine Verzahnung von Sicherheit und Wiederaufbau. Der afghanische Vertreter in Berlin beklagte allerdings, dass viele Hilfsgelder Beraterfirmen statt der Regierung zugute kommen würden.

Das Interesse an einem Erfolg in Afghanistan ist groß. Bei den jüngsten Konferenzen waren auch UNO und EU vertreten, beim Nato-Ministertreffen war auch Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik dabei. Für das Frühjahr wird eine neue Taliban-Offensive prognostiziert. Damit könnte dieses Jahr entscheidend sein - und ein Scheitern in Afghanistan würde auch die Zukunft der Nato bestimmen, resümiert das IISS.

Nur internationale Zusammenarbeit könne helfen, die Konflikte dieser Welt zu lösen, meint Instituts-Generaldirektor John Chipman. Die USA seien alleine dazu ebensowenig imstande wie die übrigen Mächte gegen den Willen der Amerikaner.