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Designierter Premier beginnt bereits am Donnerstag mit seinen Konsultationen.
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Rom. Am Mittwochvormittag stand es fest: Nicht der seit Tagen favorisierte zweimalige frühere Regierungschef Giuliano Amato und auch nicht der am Vortag in den Favoritenkreis aufgestiegene Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi, sondern der eben erst von seiner Funktion als stellvertretender PD-Parteichef zurückgetretene Enrico Letta soll die neue italienische Regierung bilden.
Letta, der am Dienstagabend gemeinsam mit den Fraktionschefs seiner Partei im Senat und Abgeordnetenhaus, Luigi Zanda und Roberto Speranza, an den Konsultationen bei Präsident Napolitano teilgenommen hatte, wurde um 12.30 Uhr ins Quirinal bestellt, wo ihn der Präsident mit der Bildung des neuen Kabinetts, das sich auf eine breite Mehrheit stützen soll, beauftragte. Letta will mit den Konsultationen bereits heute beginnen, obwohl der 25. April - Jahrestag der Befreiung vom Faschismus im Jahr 1945 - ein Feiertag ist.
Regierung im Dienst des Landes
Unmittelbar nach seiner Beauftragung sagte Letta, dass er eine Regierung im Dienst des Landes anstrebe. So wolle er die Idee definieren, mit der er sich den beiden Parlamentskammern präsentieren werde. Die Betrauung mit der Regierungsbildung sei für ihn ein so schweres Gewicht, "dass ich sagen muss, wenn ich mir das erlauben darf, ich es als schwerer empfinde als meine Kapazität es zu ertragen", sagte Letta. Aber man müsse vorwärts schreiten, denn das Land brauche Antworten, vor allem der Teil des Landes, der die derzeitige Lage nicht mehr aushält. Dabei denke er vor allem an die Jungen und all jene, die sich einem Ausnahmezustand gegenübersehen, der unerträglich geworden ist. Aber es gelte auch, das öffentliche Leben des Landes wieder zu moralisieren. Man müsse wieder Glaubwürdigkeit finden, ohne die man die Probleme nicht lösen kann. Als wichtigste Aufgaben bezeichnete Letta die Schaffung von Arbeitsplätzen, um die Jugendlichen eine Zukunftsperspektive zu geben, eine Verfassungsreform, um die Zahl der Parlamentarier zu verringern und eine Änderung des Wahlrechts, das die Lage so weit blockiert hat, dass auch bei sofortigen Neuwahlen keine Änderung zu erwarten sei.
Letta stellte aber auch klar, dass es nicht zu einer Regierungsbildung um jeden Preis kommen werde, sondern nur dann, wenn die Bedingungen gegeben sind. Um dahin zu kommen, bedürfe es der Demut, aber vor allem auch des Verantwortungsbewusstseins, unterstrich der designierte Regierungschef mehrmals in seiner Rede.
Staatspräsident Giorgio Napolitano betonte, dass er auf den Erfolg der neuen Regierung vertraue. Eine Regierung der breiten Zusammenarbeit sei die einzig mögliche Perspektive gewesen. Er habe seine Wahl nach den Konsultationen vom Dienstag getroffen, vor allem in Hinsicht auf jene Kräfte, die zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Gegen den Namen des nun designierten Regierungschefs habe es in den Gesprächen keine Einwände gegeben. Napolitano verwies auch darauf, dass Letta trotz seines jugendlichen Alters bereits bedeutende Erfahrungen im Parlament und auf Regierungsebene gesammelt hat.
PdL-Parteichef Alfano verwarnt Lettas Partei
Der Chef der Berlusconi-Partei, Angelino Alfano richtete aber an die PD eine deutliche Warnung. Man werde nicht einen PD-Kandidaten unterstützen, der nicht auch in seiner eigenen Partei eine wirkliche und sichtbare Unterstützung genieße. Der PD müsse klar sein, dass es keinen zweiten Fall Marini geben dürfe, sagte Alfano unter Anspielung auf die Heckenschützen im demokratischen Lager, die im ersten Wahlgang der Präsidentenwahl den früheren PD-Senatspräsidenten abgeschossen hatten. Alfano wollte seine Warnung aber auch als Antwort auf die Wortmeldungen in der PD-Krisensitzung vom Dienstag verstanden wissen, wo es massive Angriffe gegen die PdL gegeben hatte.
Pier Luigi Bersani, der seinen Rücktritt als PD-Chef am Dienstagabend bekräftigt und auch an den Zuständen innerhalb der Partei scharfe Kritik geübt hatte, begrüßte die Ernennung Lettas mit den Worten, "Gut, sehr gut". Giuliano Amato, äußerte sich "absolut zufrieden" und auch Matteo Renzi gratulierte per Twitter. Der PD-Fraktionschef in der Abgeordnetenkammer, Roberto Speranza, machte deutlich, dass die Vertrauensabstimmung über die neue Regierung keine Gewissensentscheidung sei, sondern ein Votum, das die Zugehörigkeit zur Partei bestimmt.
Zustimmung für Letta gibt es auch von der Lega Nord, die Giuliano Amato nicht unterstützt hätte und von den Zentrumsparteien.
Lediglich die 5-Sterne-Bewegung Beppe Grillos reagierte einmal mehr ablehnend. Ihr Fraktionschef im Senat, Vito Crimi, twitterte: "Ein fauler Kompromiss, der angekündigt war".