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Keine Revolution im Vatikan

Von Heiner Boberski

Analysen

Benedikt XVI. hält sich genau an die traditionellen Regeln. | Angesagte Revolutionen finden selten statt, und wenn, dann kaum im Vatikan. Die von manchen Medien schon seit Monaten erwartete große Rochade durch Papst Benedikt XVI. - Umbesetzung wichtiger Kurienämter, Verjüngung des Kardinalskollegiums - bleibt vorerst aus.


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Aber auch eine vorzeitige Ablöse von Kardinal-Staatssekretär Angelo Sodano, die spätestens mit dessen 80. Geburtstag im Herbst 2007 ohnehin fällig ist, wäre keine echte Sensation, es sei denn, der Nachfolger wäre aus komplett anderem Holz geschnitzt, worauf aber derzeit angesichts der meist genannten Kandidaten gar nichts hindeutet.

Ungewöhnlich, ist nur, dass der noch nicht ganz ein Jahr im Amt befindliche Pontifex das Konsistorium in der Fastenzeit zusammenruft: Am 24. März sollen die von ihm ausgewählten 15 neuen Kardinäle ihre Insignien erhalten. Zwölf von ihnen haben das 80. Lebensjahr noch nicht erreicht und sind daher im Moment zur Papstwahl berechtigt.

Echte Überraschungen sind nicht darunter, es fehlen jedoch einige aussichtsreiche Anwärter auf den Purpur, weil eben nur ein Dutzend Plätze zur Verfügung stand. Da erst im August wieder ein Kardinal 80 wird und einen Platz frei macht und Benedikt XVI. offenbar nicht so lange mit seinen ersten Kardinalsernennungen warten wollte, hat er jetzt agiert.

Und damit hält der Papst genau jene maximale Gesamtzahl von 120 Papstwählern unter den Kardinälen ein, die Paul VI. festgelegt hat. Johannes Paul II. hat daran de jure nichts geändert, in der Praxis aber großzügig darüber hinweg gesehen und durch seine Ernennungen zeitweise ein Kardinalskollegium mit über 130 Papstwählern geschaffen.

Das Vorgehen von Benedikt XVI. zeigt, dass er gewillt ist, Regeln genau einzuhalten - oder aber zu ändern. Dass das Alter, in dem Bischöfe ihren Rücktritt einreichen müssen, von 75 auf 80 Jahre erhöht werden soll, spricht dafür, dass dem deutschen Papst trotz seiner Antrittsaussage "Die Kirche ist jung" eine Verjüngung des katholischen Führungspersonals kein großes Anliegen ist.

Kein großes Anliegen ist ihm offenbar auch eine stärkere Vertretung der bevölkerungsreichen südlichen Länder im Kardinalskollegium. Europa und die reichen englischsprachigen Länder geben darin wie eh und je den Ton an.