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Keine Scheidung, eine Abkühlung

Von David Ignatius

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Die USA und Pakistan haben beschlossen, die langjährige enge strategische Partnerschaft auf eine neue, niedrigere Basis zu stellen.


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Nach einigen Jahren leidenschaftlichen, aber glücklosen Werbens scheinen die USA und Pakistan nun etwas anderes auszuprobieren: eine ruhigere Beziehung mit niedrigeren Erwartungen, größerer Distanz und weniger Streit. Von ihrer intensiven Partnerschaft sind die beiden Staaten einen Schritt zurückgetreten. Wenn es eine Ehe wäre, würde man nicht von Scheidung sprechen, sondern von Abkühlung. Der neue Ton geht auf den 26. November 2011 zurück, als die USA einen Grenzposten in Pakistan angriffen und dabei 24 pakistanische Soldaten töteten. Das pakistanische Militär war wütend über diese Verletzung seiner Souveränität, die dem Anschlag auf Osama bin Laden in Abbottabad vom 2. Mai die Krone aufsetzte.

Diesmal allerdings legte sich die Verärgerung der Pakistaner nicht, die Regierung von US-Präsident Barack Obama hielt sich jedoch zurück. Seit ein paar Monaten scheinen sich beide Seiten an die größere Distanz gewöhnt zu haben. Nachdem der Staub sich gelegt hat, kommt wahrscheinlich, was ein US-Regierungsbeamter "neue Normalität" nennt: Die beiden Staaten arbeiten weiter zusammen, aber mit geringerer Intensität. Die Parole auf beiden Seiten werde lauten: "Machen Sie sich nicht verrückt", scherzte der Beamte.

Um das Reset zu vervollständigen, müssen beide Staaten Kompromisse zu drei Schlüsselthemen ausarbeiten: zu den Drohnenangriffen auf Kämpfer in den pakistanischen Stammesgebieten, zum Grenzzugang zu Afghanistan und zu den Aussöhnungsgesprächen mit den Taliban. Für alle drei muss man ein Rezept finden, das die pakistanische Souveränität und die Sicherheitsinteressen der USA ins Gleichgewicht bringt.

Liest man im Kaffeesatz, kann man Umrisse möglicher Lösungen für alle drei Bereiche ausmachen:

Drohnenangriffe: Pakistan hat bereits den entscheidenden und symbolischen Schritt getan, die US-Drohnen von deren früherem Operationszentrum im südwestlichen Pakistan zu vertreiben. Die USA führen zwar immer noch von einer Basis in Afghanistan aus gelegentliche Predator-Angriffe durch, zuletzt aber seltener - weniger Grund für Pakistan sich aufzuregen. Die Verlangsamung im Drohnenkrieg ist weitgehend unbemerkt vor sich gegangen, aber laut US-Regierungsbeamten gibt es mehrere Veränderungen.

Wiedereröffnung der Grenzübergänge: Die wahrscheinliche Lösung ist, dass die Pakistaner die Landwege öffnen, aber den USA mehr für die Benutzung berechnen. Das wird Balsam für den nationalen Stolz Pakistans sein und eine lukrative neue Geldquelle. Auch früher soll das Land mindestens eine Million Dollar pro Tag an grenzüberschreitenden Transporten verdient haben.

Das heikelste Thema sind die Aussöhnungsgespräche: In den vergangenen Monaten tauchte etwas wirklich Rares in den US-pakistanischen Beziehungen auf - eine gewisse Ruhe. Keiner der beiden zeigt viel Liebe, es gibt aber auch weniger Ärger - was dieses ungestüme Paar vielleicht noch einige Zeit länger zusammenhalten hilft.

Übersetzung: Redaktion