Änderungen im Eherecht werden diskutiert, Scheidungsanwältin warnt vor Schnellschüssen.
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Wien. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die Ehe spätestens ab 2019 auch für homosexuelle Paare zu öffnen, wurden Stimmen laut, auch die Eingetragene Partnerschaft für alle zu öffnen beziehungsweise das Eherecht zu reformieren.
Das derzeitige Eherecht hat teilweise sehr antiquierte Passagen und zählt zu den wenigen in Europa, wo die Verschuldensfrage noch eine zentrale Rolle spielt.
Die renommierte Scheidungsanwältin Brigitte Birnbaum plädiert im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" dafür, die Eingetragene Partnerschaft (EP) auslaufen zu lassen. Sie verstehe nicht, dass man auch auf der EP bestehe, obwohl die Ehe nun möglich und diese ja auch gewollt worden sei.
Gleichzeitig warnt Birnbaum "vor Schnellschüssen im Eherecht". Wenn man Änderungen anstrebt, stelle sich die Frage, wo man ansetze. Denn ein ganz großes Thema sei noch immer der Unterhalt und damit verbunden die Verschuldenskomponente. Wenn die Verschuldensfrage im Scheidungsverfahren gekippt werde, müsse man den Unterhalt ausjudizieren, was das Verfahren erheblich verteuern würde.
In Deutschland sei der Unterhalt befristet und es gebe das Pensionssplitting. Das bedeutet, dass die Pensionszahlungen auf beide Partner aufgeteilt werden.
In Österreich gibt es kein Pensionssplitting. "Was macht man in einer Systemumstellungsphase mit einer Frau, die 15 Jahre lang bei den Kindern zu Hause und nicht in einem Arbeitsprozess war - zumal jetzt für die Pension fast die gesamten Arbeitsjahre durchgerechnet werden und nicht mehr die besten Jahre zählen", fragt Birnbaum. "Was passiert mit Frauen, die jetzt 50 und älter sind?"
Auch der Erhalt der Hinterbliebenenpension sei davon abhängig, ob man Unterhalt erhalten habe - da gebe es wieder die Unterscheidung nach einer privilegierten und einer strittigen Scheidung. Man müsste bei Eingriffen ins Eherecht jedenfalls auch das Pensionssystem ändern, erklärt die Scheidungsanwältin. Insgesamt seien sehr viele Elemente zu berücksichtigen, weshalb eine schnelle Lösung sicherlich nicht machbar sei. "Das muss mit Augenmaß verfolgt werden", betont Birnbaum. So reaktionär sei das Eherecht ja nicht. Das Gesetz hinke einer gesellschaftlichen Entwicklung immer hinterher. Man solle sich das alles daher ganz unaufgeregt anschauen, "aber es ist nicht so, dass man jetzt alles vom Sockel stoßen muss."
Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, will zur Frage, ob die Eingetragene Partnerschaft neben der Ehe für alle bestehen bleiben soll, nichts sagen. Das sei eine politische Entscheidung, sagte sie. Was das Eherecht betrifft, ist sie allerdings der Meinung, dass eine Reform nicht schaden könnte. Die Frage, ob eine Verschuldensscheidung noch zeitgemäß sei, werde aber schon seit Längerem diskutiert. Denn die Verschuldensfrage nehme in den Scheidungsverfahren breiten Raum ein - weil ja daran auch die Unterhaltszahlung geknüpft ist.
Die Verschuldensfrage sei viel schwieriger zu klären als nur die Frage, ob eine Ehe zerrüttet ist als Voraussetzung für eine Scheidung. Bei Änderungen im Ehegesetz müsse daher auch unbedingt das Unterhaltsrecht geändert werden. Das eine ohne das andere wird nicht gehen, sagt Matejka.