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Keine Schonfrist für die Linke

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Konservative HDZ geht nach acht Jahren Regierung in die Opposition.


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Zagreb. Ihre hundert Tage hat sie nicht. Die Schonfrist, die üblicherweise einem neuen Kabinett zum Einarbeiten gewährt wird, gilt für die künftige kroatische Regierung kaum. Denn die Wähler, die die konservative HDZ (Kroatische Demokratische Union) nach acht Jahren an der Macht auf die Oppositionsbank verwiesen haben, erwarten nun rasche Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise, die Kroatien tief getroffen hat und von der sich das Land mit seinen rund 4,5 Millionen Einwohnern mühsamer erholt als andere südosteuropäische Staaten.

Zum Feiern nahm sich der künftige Ministerpräsident Zoran Milanovic in einem Zagreber Club am Wahlabend dennoch Zeit. Immerhin hat das von seinen Sozialdemokraten (SDP) angeführte Mitte-Links-Bündnis aus vier Parteien die absolute Mehrheit im Sabor, im Abgeordnetenhaus, gewonnen. Die Kukuriku genannte Koalition aus SDP, der liberalen HNS (Kroatische Volkspartei - Liberaldemokraten), der Pensionistenpartei HSU und der Regionalpartei IDS (Istrische Demokratische Partei) braucht daher keine weiteren Regierungspartner.

Zu den Wahlsiegern gehört aber auch die linke Arbeiterpartei (Laburisti), die mit sechs Mandataren im Parlament vertreten sein wird. Ebenso viele Sitze erhält die Partei für Slawonien-Baranja, die der verurteilte Kriegsverbrecher Branimir Glavas gegründet hat. Der pensionierte Pfarrer Ivan Grubisic und ein Mitstreiter von ihm sind mit zwei Mandaten Neuzugänge in der Politik und im Sabor. Die ehemaligen HDZ-Koalitionspartner, die Bauernpartei und die Sozialliberalen, erhielten nur ein Mandat beziehungsweise gar keines. Die Rechtspartei (HSP) bleibt mit einem Abgeordneten im Parlament.

Die HDZ hingegen, die über zahlreiche Korruptionsaffären und ihre Untätigkeit in der Wirtschaftskrise gestolpert war, verlor fast 20 Mandate in dem Parlament mit seinen 151 Sitzen. Die Partei wolle nun in der Opposition "ehrenvoll dem Volk dienen", kündigte die bisherige Ministerpräsidentin Jadranka Kosor nach der größten Wahlniederlage für ihre Fraktion an.

Milanovic wiederum versprach den Kroaten - von denen nur etwas mehr als die Hälfte wählen gegangen war -, sie nicht zu enttäuschen. "Wir dürfen keine Fehler machen, aber auch nicht stehen bleiben", erklärte der 45-jährige Diplomat, der seit 2007 die Sozialdemokraten anführt. Den Beitritt seines Landes zur Europäischen Union in eineinhalb Jahren sieht er als "Chance, uns zu beweisen, unser Selbstbewusstsein zu stärken".

Hoffnung auf EU-Fonds

Lange zuvor muss die neue Regierung allerdings Schritte zur Verbesserung der ökonomischen Lage setzen. Sie muss verhindern, dass die Kreditwürdigkeit Kroatiens herabgestuft wird, was das Land an den Rand des Staatsbankrotts bringen würde. Schon jetzt beträgt die Auslandsverschuldung rund hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts; das Budgetdefizit wird heuer wohl bei 5,5 Prozent liegen. Zuvor hatte das Land jahrelang von ausländischen Krediten und Investitionen profitiert, von denen allerdings nur ein kleiner Teil in die Produktion geflossen ist.

Die Möglichkeit, den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe zu bitten, hat Zagreb bisher von sich gewiesen. Allerdings schließen Ökonomen nicht aus, dass dies nötig sein werde.

Experten sehen es auch als unumgänglich an, sowohl die Sozialausgaben zu kürzen als auch Stellen in der öffentlichen Verwaltung zu streichen. Immerhin sind mehr als 80 Prozent des Budgets gebunden an Gehälter im öffentlichen Dienst, Pensionen, Sozialhilfen oder Renten an Kriegsveteranen. Auf der anderen Seite ist der Privatisierungsprozess fast zum Stillstand gekommen: Ein Drittel der Wirtschaft ist noch immer staatlich.

Ein drastisches Sparprogramm hat die künftige Mitte-Links-Regierung allerdings noch nicht ausgerufen. Stattdessen sollen Mittel aus EU-Fonds weit besser als bisher ausgenutzt werden. Investitionen in den Energiesektor, den Tourismus und den Ausbau des lange Zeit vernachlässigten Eisenbahnnetzes seien nötig, meinte noch vor den Wahlen Radimir Cacic, Vorsitzender der Liberaldemokraten und wahrscheinlich nächster Wirtschaftsminister.

Jeder Fünfte arbeitslos

Für eines der größten Probleme hält er die hohe Arbeitslosigkeit. "Wir müssen neue Jobs schaffen", erklärte Cacic. Denn fast jeder fünfte Kroate ist ohne Arbeit, und tausende Menschen bekommen oft monatelang kein Gehalt ausbezahlt.

Sorgen macht aber auch die schwache Wettbewerbsfähigkeit der kroatischen Wirtschaft. Laut etlichen Ökonomen ist das Land noch nicht bereit, der EU beizutreten. So sei die Qualität der kroatischen Waren und Dienstleistungen nicht ausreichend. Nach Angaben der Wirtschaftskammer Österreich weist der kroatische Außenhandel traditionell ein Handelsbilanzdefizit auf. So beliefen sich die Ausfuhren in den ersten sieben Monaten des Jahres auf rund fünf Milliarden Euro, während die Importe auf 8,5 Milliarden Euro stiegen. Ein Aufschwung ist aber auch bei den Exporten nicht in Sicht.