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Gansl "to-go" und Hauszustellung: Auch in der Corona-Pandemie muss niemand auf den traditionellen Schmaus verzichten. Mit Gänsefleisch, das im Inland produziert wurde, kann die Nachfrage jedoch nicht gedeckt werden.
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In den heimischen Gasthäusern und Restaurants wäre jetzt normalerweise kein Tisch frei. Es ist Gansl-Hochsaison, doch wegen des Corona-Lockdowns sind die Lokale geschlossen. Trotzdem muss niemand auf den Martinigansl-Schmaus verzichten. Viele Wirte bieten Gansl und Beilagen zum Abholen an oder liefern nach Hause.
Mit Gänsen aus einheimischer Produktion kann die Nachfrage jedoch nicht befriedigt werden. Der gesamte Inlandsverbrauch an Gänsefleisch lag 2019 bei rund 2.123 Tonnen. Davon entfielen 546 Tonnen auf inländische Produktion. 75 Prozent der in Österreich verzehrten Gänse stammen aus dem Ausland, vor allem aus Ungarn und Polen. Das ergibt einen Selbstversorgungsgrad von 26 Prozent. 1995 wurden erst sieben Prozent des Bedarfs an Gänsefleisch mit inländischer Ware abgedeckt.
Bauern halten Gänse im Nebenerwerb
Von der Gänsezucht allein können Bauern hierzulande nicht leben. "Gänse werden in Österreich hauptsächlich im Nebenerwerb gehalten", sagt Michael Wurzer, Geschäftsführer der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG). Meist sind es wenige hundert Tiere.
Seit dem Jahr 1992 verzeichnet die Weideganshaltung, die in Oberösterreich ihren Ausgang nahm, einen kontinuierlichen Aufschwung. Nach der Aufzucht der Gänsekücken im Stall kommen die Jungtiere auf die Weide. Sie bekommen nur wenig Getreide zu fressen und ernähren sich hauptsächlich von Gras. "Das macht das Fleisch zart und gibt ihm einen besonderen Geschmack", weiß Heidi Hebesberger, Obfrau des Verbands "Österreichische Weidegans". Die Organisation hat rund 270 Mitglieder, die jährlich rund 47.000 Weidegänse züchten, die zum allergrößten Teil rund um Martini geschlachtet und an die Gastronomie oder Privatpersonen ab Hof verkauft werden.
Ende Oktober, bei Verkündigung des zweiten Corona-Lockdowns, stand die Branche kurz unter Schockstarre. "Viele Wirte haben ihre Bestellungen storniert", erzählt Hebesberger. Ein paar tausend Gänse hätten plötzlich keine Abnehmer mehr gehabt. Der Aufruf an die Konsumenten, sich doch beim Wirten ein Gansl zu bestellen und abzuholen oder es sich liefern zu lassen, zeigte Wirkung: Weidegänse sind für heuer ausverkauft.
Im Ausland werden Gänse großteils in Ställen gehalten, wo sie vorwiegend mit Getreide gefüttert werden, damit sie schneller schlachtreif sind. "Und dann gibt auch immer noch welche, die gestopft werden", sagt Michael Wurzer. In Österreich und vielen anderen Ländern ist diese tierquälerische Praxis verboten, "Lebendrupf" für die Daunengewinnung ebenso.
Kennzeichnung auch in der Gastronomie gefordert
Bedenkliches Gänsefleisch kann aber immer noch importiert werden - etwa aus Ungarn, wo die Stopfmast legal ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund pochen Tierschützer vehement auf eine verpflichtende Kennzeichnung von Lebensmitteln auch in der Gastronomie. "Was bei uns nicht erzeugt werden darf, sollte bei uns auch nicht verkauft werden dürfen", betont Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens. Nur bei echter Transparenz könnten sich Menschen in Österreich gegen Lebensmittel entscheiden, deren Herstellung in Österreich bereits verboten ist.
Garantiert keine Stopfgänse gibt es in den zwölf österreichischen Metro-Märkten zu kaufen. Das Großhandelsunternehmen distanziere sich ausdrücklich von Betrieben, die Gänse für die Gewinnung der Stopfleber mästen, sowie auch vom Lebendrupf und verurteile Praktiken, die geeignet seien, den Tieren unnötiges Leid zuzufügen, heißt es. Metro halte sich hier schon seit Jahren an die Empfehlungen von Vier Pfoten. Dasselbe gelte auch bei Spar Österreich, wie Sprecherin Nicole Berkmann bestätigt.
Metro verkauft jährlich mehr als 700 Tonnen Gänse sowohl aus Österreich als auch aus Ungarn. Der Gastro-Lockdown hat den Gänse-Absatz eingebremst. "Üblicherweise stehen die Gastronomen in der Gansl-Zeit bei uns Schlange", sagt Jürgen Hirnschall, Abteilungsleiter für den Fleischeinkauf bei Metro. Derzeit würden sich noch genug Gänse in den Tiefkühlregalen befinden. Aber noch ist das Jahr nicht um, und es bleibt die Hoffnung, dass anschließend an Martini heuer besonders viele Weihnachtsgänse auf dem Teller landen. Dass Metro auf den Gänsen sitzenbleibt, glaubt Hirnschall nicht. "Noch ist Gansl-Zeit, die Nachfrage ist spürbar, und schließlich halten sie sich bei professioneller Kühlung ein Jahr." Bei Spar werden ebenfalls ungarische Gänse angeboten. Es würden zwar immer mehr Gänse in Österreich gehalten, aber eben immer noch zu wenige, um die Nachfrage abzudecken.