Kontrollausschusssitzung beschäftigt sich mit Derivatgeschäften der Stadt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Heute, Donnerstag, wird einmal mehr über die angeblichen Derivatgeschäfte der Stadt Wien debattiert. Eingeläutet hat diese Diskussion aber diesmal nicht die Opposition, sondern das Kontrollamt, das in einem aktuellen Bericht die Finanzgebarung der Stadt kritisiert: "Das Kontrollamt stellt fest, dass ein mit überprüfenden Maßnahmen verbundenes Risikomanagement in der Magistratsabteilung 5 (Finanzwesen) nicht eingerichtet war", heißt es da. Weiters stellt das Kontrollamt fest, "dass hinsichtlich der Risikostrategie der Stadt Wien seitens der MA 5 schriftliche und nachvollziehbare Rahmenbedingungen zu erarbeiten wären". Und auch die Dokumentation bei der Darlehensgebarung sei verbesserungswürdig, so der Bericht. Details sollen heute in der Kontrollausschusssitzung diskutiert werden.
Die Opposition sieht sich mit dem Prüfergebnis auf alle Fälle in ihrer Kritik an der Finanzgebarung der Stadtregierung bestätigt: Sie schiebe schon seit Jahren Buchverluste in der Höhe von 330 Millionen Euro vor sich her, indem sie ständig neue Kredite aufnimmt, um alte zu tilgen. Außerdem habe sie bereits 57 Millionen Euro bei einem Swap-Geschäft mit der Bundesfinanzierungsagentur verloren.
"Tatsache ist, dass die Stadt Wien nicht spekuliert hat, nicht spekuliert und auch keine Verluste geschrieben hat - im Gegenteil", betonte Finanzstadträtin Renate Brauner im Vorfeld der Kontrollausschusssitzung.
Bei dem angesprochenen Swap-Geschäft hat es sich laut Brauner um eine Finanzierung der Bundesfinanzierungsagentur gehandelt und um keine der Stadt Wien. Und die Kritik des Kontrollamtes hinsichtlich Transparenz und Risikomanagement sei keine inhaltliche Kritik, betonte Brauner. Es seien zwar intern Dinge passiert, die von außen betrachtet schwierig nachvollziehbar gewesen seien. "Aber das Vier-Augen-Prinzip hat es schon immer gegeben", erklärte Brauner.
Trotzdem habe man mit dem kürzlich präsentierten Maßnahmenpaket zusätzliche Transparenz-Regeln umgesetzt: Unter anderem hat sich die Stadt damit verpflichtet, einen jährlichen Finanzschuldenbericht zu verfassen und sich damit zu einer "risikoaversen" Gebarung bekannt, die im Übrigen auch für stadtnahe Fonds und Organisationen gelten soll. Auch die bisher nur intern erstellte strategische Vorschau ist künftig öffentlich einsehbar - die "Wiener Zeitung" hat berichtet. "Wir haben also mit dieser Verordnung inhaltlich und strukturell klare Regeln geschaffen und damit zusätzliche Transparenz geschaffen", betont Brauner.
36 Prozent in Franken
Was die Fremdwährungskredite betrifft, so laufen tatsächlich derzeit 36 Prozent der städtischen Darlehen in Schweizer Franken, da diese vor der Finanzkrise noch allgemein als unbedenklich galten. Seit dem Frühjahr 2011 werde aber von einer Neuverschuldung in dieser Währung aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen abgesehen. Dass in diesem Bereich rolliert wurde - sprich neue Kredite aufgenommen, um alte zu tilgen -, sei aber keinesfalls eine Notlösung gewesen, unterstreicht Brauner. Lange vor ihrer Zeit als Finanzstadträtin habe man die Idee des Rollierens umgesetzt, weil die Kreditlaufzeit einer Stadt theoretisch bis ins Unendliche gehen könne. Die Stadt als wirtschaftliche Einrichtung braucht im Gegensatz zum Häuslbauer keine fixen Rückzahlungspunkte. "Nach den Lehren der Vergangenheit und der enorm gestiegenen öffentlichen Sensibilität gibt es aber das in Zukunft nicht mehr. Die bestehenden Kredite werden wir aber weiter rollieren und dann zurückzahlen, wenn es Sinn macht", so Brauner.
De facto sorgen Stabilitätspakt und Antispekulationsvereinbarung zwar dafür, dass es einmal ein Ende gibt - und zwar im Jahr 2016, für das ein Nulldefizit angestrebt wird. Es gibt aber trotzdem die Möglichkeit, dass man über 2016 hinaus auch weiter rollieren darf - wenn es wirtschaftlich vernünftig ist. So lautet auch die Vereinbarung mit dem Bund.
"Zwang zum Unsinn"
"Die Forderung der Opposition nach einem Ausstieg ist der Zwang zum Unsinn, dem wir uns sicherlich nicht unterwerfen", betont Brauner. Bei einem Ausstieg würde man nämlich sofort gegenwärtige Verluste realisieren. Bei einem späteren Ausstieg könnten hingegen sogar noch Gewinne lukriert werden.