Zum Hauptinhalt springen

Keine Spur vom Oligarchen-Geld

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Behörden haben massive Schwierigkeiten, sanktionierte Vermögen von Russen aufzuspüren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Erst zwei Treffer gab es bisher bei der Suche nach russischem Oligarchen-Vermögen, das dem EU-Sanktionsregime unterliegt. Das teilte die zuständige Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" mit. "Wir haben bisher zwei Treffer. Das bedeutet, dass wir bei zwei Personen, die auf der Sanktionsliste stehen, wahrgenommen haben, dass es sich hier um Eigentumsverhältnisse im Bereich von Immobilienbesitz handelt", so DSN-Vizedirektor David Blum.

Dabei gäbe es theoretisch einiges zu holen in Österreich. Die russischen Direktinvestitionen in Österreich machen laut Nationalbank 21,4 Milliarden Euro aus (Stand Dezember 2021, Anm.). Dazu gehören Firmen und Beteiligungen, Luxusimmobilien, Depots, Bankkonten.

In keinem anderen Land außer in Weißrussland ist deren Anteil an der nationalen Wertschöpfung größer als in Österreich (siehe Grafik). Freilich ist nicht alles davon Oligarchen-Vermögen, das unter das Sanktionsregime fällt. Dass es bisher aber nur zwei Treffer auf Immobilien gab, ist dennoch erstaunlich.

Aufspüren sehr schleppend

Dass das Aufspüren von sanktionierten Vermögenswerten so schleppend vorangeht, hat unter anderem mit den Eigentumsverhältnissen zu tun. Nicht alles, was den Kreml-nahen Oligarchen zuzuschreiben ist, gehört ihnen auch tatsächlich. Die Beamten des DSN durchforsten gerade das Firmenbuch, das Grundbuch und das Register wirtschaftlicher Eigentümer nach Namen aus der Sanktionsliste.

Dass sie nicht fündig werden, liegt an den oft verschleierten Eigentumsverhältnissen. Immobilien oder Firmenanteile gehören oft Strohmännern oder Offshore-Firmen. Es ist außerdem in allen EU-Ländern besonders schwer, die liquiden Mittel und Konten aufzuspüren, weil viel Geld auf Konten Dritter oder auf Treuhandkonten ohne klar sichtbare Eigentümer parkt.

Ein Beispiel dafür könnte das Hotel "Aurelio" in Vorarlberg sein. Eigentlich gehörte es Oleg Deripaska. Dieser soll ebenfalls demnächst auf die EU-Sanktionsliste kommen, weil er als Kreml-nah gilt und etwa Großaktionär des russischen Automobilherstellers Gaz ist. Gaz-Panzer sind derzeit im Ukraine-Krieg im Einsatz.

Das Hotel ist aber nicht mehr in seinem Besitz. Wie die "Vorarlberger Nachrichten" berichteten, hat er es vor kurzem seinem Cousin verkauft. Und dieser wird wohl nicht auf die EU-Sanktionsliste kommen. Diverse Immobilien in Österreich werden auch Roman Abramovich und dem Banker Igor Shuvalov zugerechnet.

Ebenfalls problematisch ist, dass einige Oligarchen mittlerweile auch EU-Pässe besitzen, also EU-Staatsbürger sind. "Wir durchforsten täglich unsere Bestands- und Neukunden", sagt auf Anfrage Martin Sonn-Wende von der Erste Group. Bisher habe man aber keine Konten oder andere Vermögenswerte einfrieren müssen. Die Raiffeisen Bank International (RBI) hat ein Russland-Exposure von 22,9 Milliarden Euro. Davon sei ein Prozent an Kunden vergeben worden, die einem sogenannten Asset-Freeze unterliegen, sagt Pressesprecherin Ingrid Krenn-Ditz auf Nachfrage.

Unklar, wo Reserven parken

Nicht nur das Oligarchen-Vermögen, sondern auch Auslandsassets der russischen Nationalbank wurden im Zuge der Sanktionen eingefroren. Eigenen Angaben zufolge hat die Russische Notenbank Reserven im Umfang von 620 Milliarden US-Dollar. Rund drei Prozent davon sollen in Österreich liegen. Wo genau, ist aber nicht klar. Vonseiten der Oesterreichischen Nationalbank heißt es auf Anfrage dazu, "dass weder bei der OeNB noch bei Geschäftsbanken in Österreich Einlagen der russischen Zentralbank liegen". Man könne auch deshalb die Schätzung der russischen Notenbank nicht nachvollziehen.

EU-weit im Visier

Kopfzerbrechen bereitet das Oligarchen-Vermögen mittlerweile auch der Schweiz. Das Land und seine Banken galten lange Zeit als Eldorado für Offshore-Vermögen russischer Superreicher. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge fasst man dort russisches Geld nur noch mit den Fingerspitzen an. Zu groß sei die Sorge vor einem Reputationsverlust des Bankenstandorts.

In Italien geht man hingegen sehr rigoros gegen von Sanktionen betroffene Vermögenswerte vor. Das Mittelmeerland ist derzeit eines der aktivsten Länder, wenn es um die Beschlagnahmung russischer Vermögen geht. Eine eigens eingesetzte Task Force hat zusammen mit den Finanzbehörden dort Jachten und Villen im Wert von 800 Millionen Euro beschlagnahmt.