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Keine Spur von Haschtrafiken

Von Walter Hämmerle

Politik

Seit etwas mehr als zwei Jahren residiert im 7. Wiener Gemeindebezirk mit Thomas Blimlinger der erste Grünen-Bezirksvorsteher - von Haschtrafiken ist in Wien-Neubau aber auch weiterhin nichts zu sehen. Die "Wiener Zeitung" sprach mit ihm darüber, wie das Amt die Ansichten verändert, über die ideale Breite von Gehsteigen, die Rückeroberung des öffentlichen Raumes für die Bürger und weshalb Rot-Grün nach den nächsten Wiener Wahlen 2006 zwar möglich, aber trotzdem nicht sehr wahrscheinlich ist.


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Die Grünen an der Macht - was für die meisten Österreicher immer noch exotisch klingt, ist für die Neubauer seit Mai 2001 Tatsache. Damals wurden die Grünen im Bezirk mit 32,6 Prozent und 13 Mandaten zur stimmen- und mandatsstärksten Partei vor SPÖ (29,4/12), ÖVP (17,9/7), FPÖ (14,4/6) und LIF (4,7/2).

Von radikalen Experimenten finden sich allerdings keine Spuren im Bezirk. Weder Haschtrafiken noch Parkplatzmord, Betriebesterben oder Straßensperren für den Autoverkehr haben die Grätzel unter Grüner Führung heimgesucht. Ansonsten wären die Neubauer Grünen unter Blimlinger wohl auch nicht zur Nummer Eins in ihrem Bezirk geworden. "Die Grünen im Bezirk waren schon immer pragmatischer und nicht so auf Randgruppen fixiert", erklärt Blimlinger. Dieser Pragmatismus zieht sich durch alle Bereiche: Entsprechend findet sich keine Spur von jener Kreuzfahrerstimmung in der Verkehrspolitik, die den Grünen gerne von den anderen Parteien unterstellt und mit der sie auch selbst nicht ungern liebäugeln - zumindest solange sie diese Politik nicht selbst umsetzen müssen.

"Das Amt verändert eben die Ansichten", nennt das Blimlinger lakonisch. Und da kann es eben schon einmal passieren, dass sich auch ein Grün-Politiker für eine stärkere Polizeipräsenz auf den Straßen stark macht. Für das Amt kommt Blimlinger umgekehrt seine Leidenschaft für die kleinen Dinge entgegen. Biotonnen im dichtbebauten Gebiet sind zwar schön und gut, aber stinken eben auch. Will man daher, dass sie angenommen werden, muss hier Abhilfe geschaffen werden. Auch schmale Gehsteige sind für Kinderwägen samt Begleitpersonen mitunter ein Problem. Also ist dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gehsteigbreite an den Bedürfnissen der Fußgänger und nicht der Autofahrer orientiert.

"Pragmatisch" nennt Blimlinger auch den Umgang mit der Wiener SPÖ. Wer etwas verändern wolle, komme an der SPÖ eben nicht vorbei. Was für ihn jedoch noch lange nicht die Fixierung vieler Grünen auf Rot-Grün rechtfertigt. Schließlich sei gerade die Wiener SPÖ in vielen Bereichen unbeweglicher als beispielsweise die ÖVP. Deshalb war er auch für Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP - sehr zum Missfallen zahlreicher Wiener Grünen.

Bei der Fixierung auf Rot-Grün komme auch die Kritik an der SPÖ zu kurz, kritisiert Blimlinger seine Parteifreunde im Gemeinderat. Sollte es nach den Wiener Wahlen 2006 tatsächlich zu einer rot-grünen Stadtregierung kommen, müsse das Aufbrechen der Verflechtungen zwischen Stadt und SPÖ eines der wichtigsten Themen sein. Über die Wahrscheinlichkeit einer solchen Koalition gibt sich Blimlinger allerdings keinen Illusionen hin: Sie sei zwar möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Die rot-schwarze Achse sei in der Stadt immer noch stark. Mehr Druck auf die SP-Alleinregierung wünscht sich Blimlinger auch bei der Realisierung jener 23 rot-grünen Projekte, die nach den Wahlen 2001 mit der SP paktiert wurden.

"Gespannt" ist Blimlinger auf die Resultate des Bürgerbeteiligungsmodells "Lokale Agenda 21" in Neubau. Seine Furcht: Dass dadurch das Engagement der Bewohner für ihren Bezirk zu sehr Verwaltungscharakter annimmt. Das "Schlimmste" wäre, "die Bürger auf den Arm zu nehmen, indem man nur so tut, als ob es Bürgerbeteiligung gibt". Stattdessen müsse man den Leuten offen sagen, "was geht und warum etwas nicht geht". Und darin liege auch eine große Chance: Nämlich "dass die Leute lernen, wie Politik funktioniert".