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"Keine Tankstelle kann nur mit Spritverkauf überleben"

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Treibstoff sorgt für Kunden, den Erlös bringen aber Autowäsche und Shop.


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Wien. Laufend sperren Tankstellen zu, die Zahl der Automatentankstellen steigt hingegen. Von den rund 2500 Tankstellen sind mehr als 500 Stationen mit Automaten - nur ohne Personal vor Ort kann eine Tankstelle ohne Shop rentabel sein. "Keine Tankstelle kann nur mit Spritverkauf überleben", sagt Werner Sackl, Obmann des Fachverbandes der Garagen-, Tankstellen- und Servicestationsunternehmungen in der Wirtschaftskammer. "Der Treibstoff bringt Frequenz. Die Erlöse bringen Shops, Waschanlagen und Services", sagt Bernd Zierhut, Geschäftsführer der Doppler Gruppe, des größten privaten Tankstellenbetreibers Österreichs. Künftig werden Tankstellen zunehmend Services wie Post, Putzerei und Paketdienst anbieten, so Sackl. Am Land übernehmen Tankstellen häufig die Funktion des Nahversorgers.

"In kaum einem anderen Land lässt sich mit dem Verkauf von Kraftstoffen so wenig verdienen wie in Österreich", heißt es vom Fachverband der Mineralölindustrie. Letztlich bleiben den Tankstellenunternehmen in Österreich auf das Jahr gerechnet pro verkauftem Liter Diesel oder Benzin etwa ein bis zwei Cent übrig. Damit zählt Österreich zu den Schlusslichtern, wie eine Studie von Wood Mackenzie im Auftrag des deutschen Energie-Informationsdienstes für 2013 ergeben hat.

Mehr Tankautomaten

Seit Ende 2008 haben rund 300 unrentable Tankstellen zugesperrt. Auf einen Pächter komme nicht wie früher üblich eine Tankstelle, sondern bei Marken wie Shell, OMV oder BP bis zu acht Standorte, sagt Sackl. Durch die Zunahme der Tankautomaten seien 1000 Arbeitsplätze verloren gegangen.

Mittelfristig könnten 40 Prozent der Pkw-Fahrer an Automaten tanken, erwartet Zierhut. Doppler mit Sitz in Wels verfügt über rund 200 Tankstellen - 135 unter der Marke Turmöl, den Rest unter BP. Davon sind derzeit 37 Automatentankstellen, etwa 50 weitere sind in Planung. Zum Teil werden dort auch Kaffee, Getränke und Snacks sowie Schmiermittel in Automaten angeboten. Mit unbemannten Tankstationen sind auch Anbieter wie OMV (mit der Marke Avanti), BP Express und Hofer vertreten.

"Es braucht Klarheit"

Bei den Tankstellenshops machen auch Einzelhändler Kasse. Doppler und Shell sind beispielsweise Partner von "Spar express", BP kooperiert mit "Merkur inside" und Jet mit "Billa stop & shop". Die Shops seien ein Wachstumsgarant, sagt Zierhut. An 42 Doppler-Standorten gibt es "Spar Express"-Shops, in Altmünster und Wels wird nun das Konzept "Nah & Frisch Punkt" getestet. Mit einem reduzierten Sortiment an Wein und Spirituosen, mehr Brot und Gebäck sowie fertigen Speisen reagiert das Unternehmen auf die geänderte Gewerbeordnung.

Seit der "Lex dayli" im Vorjahr dürfen Tankstellenpächter nämlich das gesamte Sortiment nur anbieten, wenn zumindest die Hälfte des Umsatzes auf Gastronomie entfällt. Die Änderung gilt für neu eröffnete Shops, die ihre Gewerbeberechtigung nach dem November 2012 erhalten haben. Viele Tankstellenpächter bewegen sich nun im rechtlichen Graubereich, wird kritisiert. Der Fachverband fordert, dass Tankstellen mit höchstens 80 Quadratmetern Verkaufsfläche das gesamte Sortiment verkaufen dürfen. Die Gewerbeordnung stamme aus den 1970er Jahren und sei nicht mehr zeitgemäß, kritisiert Zierhut: "Auf jeden Fall braucht es Klarheit."