Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Österreich zieht seine 380 am Golan stationierten UNO-Soldaten ab. Dem internationalen Ansehen des Bundesheeres wird damit ein Bärendienst erwiesen. Kein Wunder, dass so mancher hochrangige Militär den Kopf schüttelt.
Viel spricht dafür, dass die Entscheidung der Innenpolitik geschuldet ist. Dass weder Faymann noch Spindelegger und schon gar nicht Klug Erfahrung mit Entscheidungen haben, die den Tod österreichischer Soldaten bewusst in Kauf nehmen, mag dazu beigetragen haben. Das ist kein Vorwurf, sondern Konsequenz unserer Geschichte nach 1945. Das taugt allerdings nicht als Entschuldigung dafür, wie plan- und konzeptlos die Regierung in diese Entscheidung hineingestolpert ist. Am Schluss hat eben ein Mosaikstein den Ausschlag gegeben.
Schließlich befindet sich das Land im dauererregten Vorwahlkampf. Kein Wunder, dass der Politik da die nationale Perspektive näher ist als der Blick auf das größere Ganze (wobei es bedeutend einfacher ist, solche Entscheidungen vom Schreibtisch aus einzufordern, als sie zu treffen und psychisch verarbeiten zu müssen).
Die andere Perspektive ist die Situation im Nahen Osten: Hier tobt ein blutiger Bürgerkrieg, der die Region in einen Flächenbrand zu verwandeln droht - den Nuklearwaffenstaat Israel und den (nach westlicher Überzeugung) nach Atomwaffen strebenden Iran mit eingeschlossen.
In dieser Hochrisiko-Region kam der UNO-Mission die Rolle eines Beruhigungsmittels zu. Zwar ohne militärische Relevanz sorgt sie doch dafür, dass Syrien und Israel durch eine Pufferzone getrennt sind. Zieht die UNO zur Gänze von dieser strategischen Hochebene ab, stehen sich die beiden verfeindeten Staaten Aug’ in Aug’ im wortwörtlichen Sinn gegenüber. Die UNO würde damit einen Beitrag zur Eskalation leisten.
Daran kann niemand Interesse haben. Noch. Tatsächlich deutet nichts auf ein Ende des Einsatzes hin. Dazu müssten schon die Konfliktparteien, also Israel und Syrien, die Blauhelme zu unerwünschten Personen erklären.
Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung sich ihrer internationalen Verantwortung nicht gänzlich entledigt - zumal Österreich als Mitglied des UNO-Einsatzes im Libanon ohnehin in der Region bleibt. Ein vorübergehender Rückzug der Soldaten, etwa ins sicher Hinterland nach Israel, wäre auch ein "Abzug vom Golan", allerdings einer mit der Lizenz zur Rückkehr.