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Keine Vergesslichkeit nach der Wahl

Von Florian Stigler

Gastkommentare

Gastkommentar: Werden SPÖ und ÖVP ihre Wahlversprechen zum Nichtraucherschutz halten?


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Passivrauchen führt in Österreich jedes Jahr zu mindestens 575 vermeidbaren Todesfällen. Es verursacht Herzinfarkte, Schlaganfälle und Lungenkrebs sowie Frühgeburten und plötzlichen Kindstod. Wir alle sind diesem Risiko ausgesetzt, ganz besonders aber die 42.000 Gastronomieangestellten, schwangere Frauen und Kinder.

Bezüglich Nichtraucherschutz nimmt Österreich, basierend auf zwei Vergleichsstudien der einzelnen EU-Länder, in Österreich den traurigen letzten Platz ein. Auch das 2009 eingeführte Nichtraucherschutzgesetz in der Gastronomie war nur "lauwarm". Niemand war damit wirklich glücklich, es gab 15.000 Anzeigen wegen Nichteinhaltens, und gebracht hat es nicht viel. Löblicherweise hat die Gesundheitspolitik daraufhin die notwendigen Konsequenzen getroffen. Auf Antrag von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und der verstorbenen Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser wurde, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und den Grünen (gegen FPÖ, Neos und Team Stronach), das endgültige Rauchverbot beschlossen. 63 Prozent der Österreicher waren laut Gallup-Umfrage dafür, nur 15 Prozent ausdrücklich dagegen.

Ab Mai 2018 werden somit auch österreichische Lokale endlich wirklich rauchfrei sein. Viele Gaststätten haben schon jetzt, begünstigt durch eine Prämie von 30 Prozent der Umbauinvestitionen, umgestellt. Dieser Beschluss war ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass rauchfreie Lokale sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich vorteilhaft sind.

Gesundheitliche Vorteile: Eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration analysierte die Auswirkungen von Rauchverboten in 21 Ländern. Dabei gingen vor allem Herzinfarkte bereits unmittelbar nach Beginn der Maßnahmen, deutlich zurück. Eine weitere Studie zeigte, dass sich Frühgeburten und Asthma bei Kindern um je rund 10 Prozent reduzierten. Insgesamt ging der Raucheranteil in der Bevölkerung zurück.

Wirtschaftliche Vorteile: Gegner des Nichtraucherschutzes (insbesondere globale Tabakkonzerne) warnen oft vor horrenden Umsatzeinbußen für Gastronomen. Beobachtungsstudien konnten diese Befürchtungen jedoch nicht bestätigen: Laut IHS gab es in den untersuchten Ländern (USA, England, Irland, Spanien und Deutschland) keine Umsatzeinbußen, und auch in Österreich sind sie mittelfristig nicht zu erwarten. In Deutschland erklärten 600 Gaststättenbetreiber im Nachhinein an, die zuvor befürchteten Umsatzeinbußen seien "systematisch überschätzt" worden. Zudem wird der geringere Raucheranteil große volkswirtschaftliche Vorteile haben: Die Kosten des Rauchens übersteigen den Nutzen deutlich, auch wenn man reduzierte Pensionszahlungen mitberücksichtigt. Das IHS rechnet mit 750 Millionen Euro vermeidbaren Kosten für Österreich pro Jahr.

Was wird nach der Wahl passieren?

Im Wahlkampf war zuletzt auch der Nichtraucherschutz ein (Neben-)Thema. So erklärte Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern, er stehe zur rauchfreien Gastronomie ab dem Frühjahr 2018: "Wenn Entscheidungen getroffen werden, sollte man auch dazu stehen." Auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz will "an dieser Entscheidung ganz klar festhalten, um die Betroffenen nun nicht wieder zu verunsichern". Österreich solle "nicht länger Schlusslicht in Europa sein, auch in Verantwortung für die junge Generation".

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache postete hingegen auf Facebook: "Nein zum allgemeinen Rauchverbot durch Rot-Schwarz-Grün! Neben dem Speisebereich (dieser soll ein gesicherter Nichtraucherbereich sein), sollen die Gastronomen und Wirten in Zukunft auch weiterhin einen abgetrennten eigenen Raucherbereich anbieten dürfen."

Das Nichtraucherschutzgesetz wurde von SPÖ und ÖVP entworfen, beantragt und zusammen mit den Grünen beschlossen. Bleibt zu hoffen, dass SPÖ und/oder ÖVP - im Falle einer Regierungsbeteiligung - auch nach der Nationalratswahl dazu stehen werden. Denn das Gesetz ist wirksam und sinnvoll. Es schützt die Gesundheit der Österreicher und wird Todesfälle vermeiden. Es ist eine Anpassung an internationale Standards, wird volkswirtschaftliche Kosten reduzieren und Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.

Es gab bisher kein einziges Land, in dem ein solches Gesetz zu einer Welle von Schließungen von Gaststätten geführt hätte. Das Nichtraucherschutzgesetz nach mehr als einem Jahrzehnt der Diskussionen und halbherzigen Lösungen nicht umzusetzen, wäre ein großer gesundheitspolitischer Rückschritt.