Zum Hauptinhalt springen

Keine Zerschlagung der Energiekonzerne

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Deutschland, Frankreich und Österreich setzen sich durch. | Harte Verhandlungen mit dem EU- Parlament erwartet. | Luxemburg/Brüssel. "Es wird fieberhaft verhandelt", meldete Energieminister Martin Bartenstein am späten Freitagnachmittag. Knapp eineinhalb Stunden später stand es fest: Deutschland, Frankreich, Österreich und sechs weitere Staaten konnten die Zerschlagung der EU-Energiekonzerne verhindern, hieß es in Diplomatenkreisen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Eine Spielart des von ihnen vorgeschlagenen "Dritten Wegs" zur Energiemarktliberalisierung soll nach dem Willen der Mehrheit der Mitgliedsstaaten als gleichwertige Option zum Zwangsverkauf der Übertragungsnetze in den künftigen EU-Gesetzen festgeschrieben werden.

Die Alternative sieht eine klare personelle und strukturelle Abtrennung der Netzbetreibergesellschaft unter dem Konzerndach sowie eine Stärkung der Regulierungsbehörden (in Österreich die E-Control) vor. Auch so könne ein fairer Netzzugang und mehr Wettbewerb erzielt werden, so die Wiener Überzeugung. Laut renommierten Studien bringe der Zwangsverkauf bei den wichtigen Fragen wie Preisniveau und Versorgungssicherheit nicht viel, so Bartenstein.

Zuvor hatte sich eine Gruppe von Ländern hinter Großbritannien und den Niederlanden auf den Vorschlag der EU-Kommission für die eigentumsrechtliche Abspaltung der Netze kapriziert - auch um die Vormachtstellung der französischen und deutschen Energiekonzerne zu brechen, wie deutsche Kommentatoren schreiben.

Skeptische Briten

Den derzeit der EU Vorsitzenden Slowenen ist mit der Einigung ein Kraftakt gelungen, lange war die Einigung mehr als ungewiss. Schon zu Beginn des Ministertreffens skizzierte der slowenische Energieminister Andrej Vizjak seine Strategie: Zwei Kernforderungen der Zerschlagungsgegner hatte er bereits in sein Kompromisspaket aufgenommen: Zwangsverkauf und der Alternativplan auf einer Augenhöhe sowie die Überprüfung der Wirksamkeit beider Optionen nach fünf Jahren.

Die Briten und ihre Verbündeten hätten die Alternative des "Unabhängigen Netzbetreibers" gerne überhaupt nach einer Übergangsphase auslaufen lassen. Dieses Modell basiert auf dem "Dritten Weg", betont die Trennung von Konzernmutter und Netztochter aber noch stärker.

Ausnahmen für Westen

Die Minister feilten nach dem Durchbruch bis in den späten Abend an den Feinheiten der Einigung: Österreich hätte etwa gerne Ausnahmen für die Tiroler und Vorarlberger Energieversorger - Tiwag und VKW seien viel kleiner als der Luxemburger Versorger, der sich wegen seines kleinen Marktes weniger stark vom Netz trennen muss.

Mit der Vorentscheidung ist die Sache aber noch lange nicht erledigt. Denn der mächtige Industrieausschuss im EU-Parlament liegt beim Strommarkt voll auf der Zwangsverkaufslinie der Kommission. Mit Spannung wird jetzt die Abstimmung im Plenum Mitte Juni erwartet.