Nach Automaten-Verbot stehen viele Gastronomen vor dem Ruin.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Gesetzlich hat die Stadtregierung eine Lösung gefunden. Seit 1. Jänner ist es in Wien untersagt, Glücksspielautomaten außerhalb von Casinos aufzustellen. Was allerdings mit der Vielzahl der kleinen Automaten-Lokale - fernab von Konzernen wie Novomatic - passieren soll, bleibt offen. Die meisten werden wahrscheinlich zusperren müssen. Viele von ihnen verlieren mit dem Automatenverbot ihre Existenzgrundlage. Vonseiten der Politik gibt es keine Hilfestellung.
Der Handlungsbedarf sei nicht gegeben, sagt dazu etwa der grüne Klubobmann David Ellensohn. "Es wurden noch kaum Mietverträge gekündigt", sagt er. Der Klubobmann vermutet, dass die Betreiber die anstehenden Prozesse gegen das Gesetz abwarten werden. Oder auf eine rot-schwarze Koalition nach der Wien-Wahl hoffen, die das Thema vielleicht anders handhaben würde. Für ihn steht fest: "So schnell werden die Automatenbetreiber nicht ausziehen. Ich muss im Moment annehmen, dass Novomatic & Co versuchen werden, alle Gerichte mit dem Fall zu beschäftigen. Das wird länger dauern, als es uns lieb ist." Ellensohn rechnet damit, dass die Verträge erst innerhalb der nächsten drei, vier Jahre aufgelöst werden.
Die Vermieter der Geschäftslokale hätten einstweilen ein großes Interesse daran, dass die Lokal-Betreiber so lange wie möglich bleiben. Schließlich würden diese im Regelfall mehr Miete zahlen als etwa der kleine Buchhändler. Eine Einmischung der Politik hält er deshalb für nicht zielführend. "Die Vermieter verdienen viel Geld mit den Automaten. Da werden wenige begeistert sein, wenn man ihnen einen Vorschlag macht, wie sie weniger verdienen können. So lange Novomatic & Co diese Miete zahlen, wird sich gar nichts ändern. Weil der Vermieter seine Einnahme hat."
Sollte es dann doch zu Leerständen kommen, kann man immer noch auf bewährte Mechanismen der Einkaufsstraßen- und Grätzelbelebung zurückgreifen. Diese werden dann mit der Wirtschaftskammer koordiniert. Hier müsse dann aber auch die Bezirksvorstehung mitspielen.
Aktiv erst bei Leerstand
Auch aus dem Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) bestätigt man, dass es keine Unterstützung für die Lokal-Betreiber gebe. Aktiv werde man erst, wenn es zum Leerstand kommt. Dafür sei dann etwa die städtische Wirtschaftsagentur zuständig, sagt Brauner-Sprecher Ferdinand Pay. Diese kümmere sich um Probleme in Geschäftsstraßen und unterstütze Grätzelinitiativen, versichert er.
Peter Dobcak kritisiert wiederum die fehlende Hilfestellung der Stadtregierung gegenüber den Lokal-Betreibern. Dobcak ist selber Gastronom - allerdings ohne Automat - und stellvertretender Wirtschaftskammer-Obmann der Fachgruppe Gastronomie. "Die Betreiber fühlen sich von der Politik im Stich gelassen", sagt er. Es stimme, dass viele noch abwarten würden. "Sie sind der Meinung, dass sie sich in einem rechtlichen Graubereich befinden. Schließlich haben bestehende Glücksspiel-Konzessionen, die über den 1. Jänner hinaus gehen, Bescheidkraft", sagt Dobcak. Nach Rechtsmeinung der betroffenen Betreiber gelten ihre Konzessionen bis zum Ende der ursprünglich genehmigten Laufzeit, teilweise bis 2020. Fakt ist: Wer einen Automaten aufstellt, muss mit saftigen Strafen rechnen.
"Viele Betreiber werden das Warten nicht lange durchstehen und schließen müssen", sagt Dobcak. "Wirtschaftlich gesehen ist das Verbot eine absolute Knieschussaktion. Viele dieser kleinen Gastronomen werden keinen Job mehr finden. Die Wirtschaftskammer müsste sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag unterstützen. Das kann man auch nicht machen."
Dobcak fordert daher eine eigene kleine Glücksspielgastro-Konzession. In dieser sollen maximal zwei Automaten pro Lokal und ein Höchsteinsatz von zwei Euro - mit dem man stundenlang spielen kann - erlaubt sein. Weiters muss das Konzept vorwiegend auf Gastronomie ausgerichtet werden. "Es soll ein Gasthaus und keine Spielhalle sein, in der der Wirt vom Automaten nicht finanziell abhängig ist." Im Gegensatz zur anonymen Automatenhalle würde der kleine Gastronom seine "Pappenheimer" kennen. Das sei der effizienteste Spielerschutz. "Ich weiß als Gastronom ganz genau mit Namen, wer dort mit dem Automaten spielt."
"Finde die Idee genial"
Um dieses Vorhaben durchzusetzen, will Dobcak nach den Wirtschaftskammer-Wahlen als Obmann der Fachgruppe Gastronomie hervorgehen. Der derzeitige Interessensvertreter, Willy Turecek (SPÖ) sei schließlich nicht auf seiner Linie. "Würde ich Obmann werden, dann sieht die Welt ganz anders aus, weil wir absolut proaktiv in Richtung Gastro-Konzession arbeiten würden." Die Unterstützung der Wirtschaftskammer ist ihm auf jeden Fall gewiss: Der Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft, Josef Bitzinger, meinte zum Vorschlag von Dobcak auf Anfrage: "Ich finde die Idee genial."
Die gesetzliche Neuregelung des österreichischen Glücksspielmarkts geht indes holprig vonstatten. Sowohl die Vergabe der Casino-Konzessionen als auch das Automatenverbot in Wien stehen juristisch auf wackeligen Beinen, wie Branchenvertreter immer wieder betonen. Auch die verpflichtende Anbindung aller Glücksspielgeräte an das Bundesrechenzentrum ist noch nicht umgesetzt. Erst jedes zweite Gerät ist mit der Finanz vernetzt.
Schon 2010 wurde mit dem neuen Glücksspielgesetz beschlossen, dass alle Glücksspielgeräte des Landes an das BRZ angeschlossen werden müssen, um etwa Höchsteinsätze, Spieldauer aber auch die abgeführten Steuern zu überwachen.