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Keiner will’s gewesen sein

Von Daniel Bischof und Alexander U. Mathé

Politik

Für das KH-Nord-Debakel gaben sich die Zeugen bisher gegenseitig die Schuld. Eine Zwischenbilanz der U-Kommission.


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Wien. Dementi und Schuldzuweisungen: Sie haben die ersten Monate der KH-Nord-Untersuchungskommission geprägt. Im April 2018 wurde das Gremium von der rot-grünen Stadtregierung eingesetzt, seit Mitte Juli werden Zeugen zu dem Baudebakel befragt. Die Verantwortung für die millionenschwere Kostenexplosion und jahrelangen Verzögerungen hat niemand übernommen. Mit ihrem Finger zeigten die Befragten jeweils auf andere Zeugen.

"In meiner Zeit ist es gut gelaufen", sagte Wilhelm Marhold, der von 2005 bis 2014 der amtierende Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) war. Unter seiner Ägide wurde das Krankenhaus Nord geplant, auch beschloss der KAV, das Krankenhaus selbst zu bauen und kein Konsortium damit zu beauftragen.

Kritik übte Marhold aber an der damaligen Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ): Deren Personalentscheidungen seien für das Projekt schädlich gewesen. Marhold selbst hat sich abgesichert: Vor seinem Ausscheiden als Generaldirektor ließ er sich vom Rechnungshof und der internen Kontrolle bestätigen, dass unter ihm die Kosten und der Zeitplan "sinnvoll und zweckmäßig" gewesen sind.

Genau das findet Marholds Nachfolger, Udo Janßen, wiederum auffällig: Denn warum lasse man sich solche Dokumente ausstellen, wenn einem nichts Übles schwane? Janßen war von November 2014 bis zum Frühjahr 2017 Generaldirektor des KAV. In seiner Amtszeit wurden die Missstände bekannt. Das Spital hätte 2016 in Vollbetrieb gehen sollen, nun wird es vermutlich erst der Herbst 2019. Mit Kosten von rund 825 Millionen Euro (Preisbasis Dezember 2008) rechnete man noch 2010, nun werden es wohl zumindest 1,341 Milliarden Euro sein. Weitere Steigerungen sind nicht ausgeschlossen.

"Eklatante Defizite"

Bei seiner Befragung spielte Janßen den Ball an Marhold zurück. Als er die Leitung des KAV von Marhold übernommen habe, sei das Bauprojekt bereits von "eklatanten Defiziten" geprägt gewesen, sagte er. "Das Projekt hat sich eigentlich schon in einer kritischen Phase befunden." Ihm sei es nur noch um "Schadensbegrenzung" gegangen.

Gleichzeitig berichtete Janßen von Intervention von Wehsely: "Ich glaube, dass die Einflussnahme der Politik ein vernünftiges Management beeinträchtigt hat." Ihm sei das Personal regelrecht aufgezwungen worden. Durch personelle Umstrukturierungen habe er ein System aufbrechen wollen, in dem sich die Leute "seit dem Kindergarten kennen".

Wehsely betonte bei ihrer Befragung am Dienstag, gar nicht für das operative Geschäft (sprich: den Bau) verantwortlich gewesen zu sein. "Die operative Verantwortung liegt nicht bei der Stadträtin, dafür gibt es ein Management, das dafür eingesetzt und bezahlt wird."

Sie habe ihre Überwachungsaufgabe redlich wahrgenommen, zeigte sich Wehsely überzeugt. Dass einiges schiefgelaufen sei, räumte sie zwar indirekt ein, indem sie erklärte, dass man im Nachhinein immer schlauer sei. Aber unter denselben Voraussetzungen wie damals würde sie heute alles wieder so machen.

"Habe genau gearbeitet"

Von eigenen Fehlern wollte auch Albert Wimmer, der Architekt des KH Nords, nichts wissen. "Ich habe mehr als genau gearbeitet", sagte er. Mängel in der Detailplanung habe es von seiner Seite aus nicht gegeben. Die Verzögerungen und höheren Kosten seien vielmehr auf Planungsfehler des KAV und das Fehlen eines Generalunternehmers bei dem Projekt zurückzuführen.

Doch Wimmer trage sehr wohl auch Schuld, meinte der frühere technische KAV-Direktor und Janßen-Stellvertreter Thomas Balazs. Aus der Abweichung zwischen der laut Balazs mangelhaften Entwurfsplanung von Wimmer und der Ausführung seien hohe Mehrkosten entstanden. Bei sich selbst sah Balazs keine Versäumnisse.

Kritik übte der Zivilingenieur Stephan Koller, der in der Bewertungskommission saß, die entschied, wer das KH Nord bauen soll. Er erklärte, dass die Vergabe von langer Hand geplant und gezielt auf einen bestimmten Bieter ausgerichtet gewesen sei. Zudem habe die Kommission hauptsächlich aus Bediensteten der Stadt Wien bestanden, die später alle Karriere gemacht haben.

Ähnliche Kritik

Dass sämtliche Zeugen die Schuld auf den jeweils anderen schieben, wird von Vertretern der Wiener Oppositionsparteien bemängelt. Sie arbeiten sich besonders an den Aussagen von Wehsely ab. "Wehsely hat natürlich eine politische Verantwortung, diese will sie aber nicht wahrnehmen", moniert Christoph Wiederkehr (Neos). "Sie hat so getan, als hätte sie damit gar nichts zu tun gehabt."

Ein "Tohuwabohu" sieht Wolfgang Seidl (FPÖ). Neben Wehsely und der Stadtregierung nimmt er auch Janßen und Balazs in die Pflicht: "Unter ihnen ist es zu den großen Problemen gekommen."

"Tatsache ist: Die politisch Verantwortlichen sind die Politiker, sie haben die falschen Leute eingesetzt", meint Ingrid Korosec (ÖVP). "Aber einer schiebt es auf den anderen." Die Wiener SPÖ weist die Vorwürfe zurück und verteidigt Wehsely: "Sie wollte, dass der KAV unternehmerisch geführt wird."

Am 4. Dezember geht es weiter: Dann soll unter anderem der Energetiker befragt werden, der für 95.000 Euro einen Schutzring um das Spital gelegt hat.