Zeugen im Telekom-BZÖ-Prozess haben Erinnerungslücken in wichtigen Punkten.
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Wien. Man soll die Party verlassen, wenn sie am schönsten ist. Das Telekom-IV-Verfahren rund um die vermutete 960.000-Euro-Parteispende der Telekom ans BZÖ im Wahlkampf 2006 hat diesen Zenit wohl schon überschritten. Auch am Mittwoch brachten die Aussagen der Zeugen, obwohl - oder gerade weil? - teilweise durchaus prominent, kaum neuen Erkenntnisgewinn.
So hat etwa gleich in der Früh der ehemalige Kabinettschef von Ex-Justizministerin Karin Gastinger, Michael Schön, ausgesagt. Das abgesondert geführte Verfahren gegen ihn und seine Ex-Chefin ist erst vergangene Woche eingestellt worden - weil die Indizienlage zu dünn war. Dabei stand die Frage im Zentrum, ob Gastinger und Schön wussten, dass das Geld für Gastingers Persönlichkeitswahlkampf aus der Telekom kam. Am Dienstag hatte die Ehefrau des Siebtangeklagten, Gastingers Ex-Pressesprecher Christoph Pöchinger, erklärt, dass diese Thematik bei einer Kabinettssitzung aufgekommen ist. Schön wiederum beteuerte am Donnerstag, dass er nichts über die Finanzierung des Wahlkampfs gewusst habe. Zum Zeitpunkt der erwähnten Sitzung sei er auf Urlaub gewesen. Den Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger kenne er nicht.
Der wegen Untreue angeklagte Hochegger, auf den noch einiges im Telekom-VI-Verfahren zukommt, kann in diesem Prozess vergleichsweise entspannt sein. Denn für ihn geht es hier nur um die Frage, ob er in Richtung einer für die Telekom günstigen Änderung der Universaldienstverordnung (UDVO) lobbyiert hat. Die Novelle soll laut Staatsanwaltschaft der Grund für die Zahlung der Telekom ans BZÖ sein. Hochegger bestreitet, dass er in die Änderung der UDVO eingebunden war, und es kann sich tatsächlich kein Zeuge daran erinnern. Am Donnerstag waren auf Antrag seines Anwalts Beamte aus Infrastrukturministerium und Telekom-Regulierungsbehörde RTR geladen, die dabei blieben, dass Hochegger nicht involviert war. Die Änderung sei lange debattiert und notwendig gewesen.
Daneben geht es auch um die Frage, wer im Bündnis von der Herkunft des Geldes gewusst hat. BZÖ-Anwalt Alexander Scheer will den Verfall der 940.000 Euro, die der Staatsanwalt vom BZÖ lukrieren will, verhindern. Er argumentiert, dass niemand im BZÖ davon wusste, dass das Geld illegalerweise aus der Telekom kam. So schob der damalige Spitzenkandidat Peter Westenthaler am Mittwoch die gesamte Verantwortung auf den Angeklagten Klaus Wittauer. Dieser habe ihm erfolglos eine Geldspritze für den Wahlkampf als Gegenleistung für einen Listenplatz angeboten. Westenthaler betonte, keine Ahnung von den orangen Finanzen gehabt zu haben. Und er überreichte Richter Michael Tolstiuk ein Gutachten des Wirtschaftsprüfers Deloitte aus 2007, das "keinerlei Zahlungen von außen ans BZÖ festgestellt" habe.
Belastungszeuge belastet den Terminplan
Die Werbeagentur Orange, deren Ex-Chef Arno Eccher ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, wurde aber nicht geprüft. Und dort soll das Telekom-Geld letztlich gelandet sein. Belastet wird Eccher von Westenthalers früherem engsten Mitarbeiter Kurt Lukasek. Und der könnte nun zur Belastung für den Prozess werden. Er befindet sich in den Emiraten, seine Einvernahme ist daher schwierig. Während mittlerweile keiner der Beteiligten auf der Ladung Gastingers (sie ist erkrankt) beharrt, sind Lukasek und ein zweiter Zeuge, der damalige Tiroler Spitzenkandidat Andreas Gebauer, verfahrensentscheidend: Beide wurden von der Staatsanwaltschaft beantragt, wenn sie nicht aussagen, ist die Gefahr groß, dass die Urteile bei einer allfälligen Berufung nicht halten. Ecchers Anwalt will heute entscheiden, ob er auf Lukaseks Befragung beharrt. Tolstiuk hätte gerne ein Urteil noch am Freitag - ob sich das ausgeht, steht weiterhin in den Sternen.