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Kekse, Frauen und traurige Männer

Von Christina Böck

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Es ist ja mittlerweile ein eigenes Genre: der Weihnachts-Werbespot. Sobald sich zum ersten Mal der Coca-Cola-Weihnachtstruck über den Bildschirm schlängelt, öffnen sich alle Schleusen. Vor allem Mobilfunk-Unternehmen legen sich da gern ins Zeug, um mit Geigenschmalz und Lichterglanz dem letzten Hinterwäldler zu vermitteln, dass sie die Menschen zu Weihnachten zusammenbringen. Apropos Hinterwäldler. Wer sich gedacht hat, dass wir keine Rollenbilder
à la 50er Jahre haben, der wird mit dem Kika-Weihnachtsspot eines Besseren belehrt. Da erfährt man: "Für uns Frauen ist Weihnachten die Zeit, um die Wohnung zu schmücken, der Duft von Vanille und Lebkuchen, der Baum, das Christkind, glückliche Kinderaugen und das Fest mit den Liebsten." Männer werden in dem Spot nur dabei gezeigt, wie sie einen Stecker reinstecken und sich am Tisch bedienen lassen. Einen anderen Weg geht ein umstrittener Werbeclip des deutschen Supermarkts Edeka. Er zeigt einen einsamen alten Mann, der Jahr für Jahr Weihnachten allein feiert. Seine Kinder erhalten schließlich die Nachricht von seinem Tod, worauf die Familie doch in seinem Haus zusammenkommt. Das freilich ebenso weihnachtlich dekoriert ist, wie der alte Vater lebendig ist. "Wie sonst hätte ich euch alle hier versammeln können", sagt er und bricht damit nicht nur seinen Werbespotkindern das Herz. Selten hat Werbung das Tabu der Einsamkeit an diesem - nicht zuletzt von der Konsumwelt - so tiefgehend als Familienvereinigung verankerten Fest auf den Punkt gebracht. Und: Der hat auch noch die Wohnung geschmückt und gekocht! Dabei ist er gar keine Frau!