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Kelag will die Draukraftwerke

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Der Kampf um die Stromlösung geht in die letzte Runde. Spät, aber doch meldet sich nun der Kärntner Energieversorger Kelag zu Wort und fordert vom Verbund die Draukraftwerke im Abtausch gegen die Beteiligung an der Verbundtochter AHP.


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Die Kelag wittert die letzte Möglichkeit, sich die Draukraftwerke so günstig wie möglich unter den Nagel reißen zu können. In letzter Minute stellt Kelag-Vorstand Hermann Egger dem Verbund in Sachen Österreichische Stromlösung (ÖSL) die Rute ins Fenster und droht damit, das Unterfangen zu sprengen. Noch im Februar hatte Egger mit der ÖSL keine Probleme.

"Die Kelag will die Draukraftwerke", betonte Egger gestern vor Journalisten. Für die neun Laufkraftwerke bietet er dem Verbund die Kelag-Beteiligung an der Verbund-Tochter AHP (Austrian Hydro Power), die 10% ausmacht, an. Der Verkaufspreis sei in einem Bewertungsverfahren zu ermitteln. Egger will über Zahlen nicht reden, ist aber überzeugt, dass sich der Deal pari ausgeht.

Die Drau produziert 2,3 TWh (Terawattstunden) Strom pro Jahr, über 1 TWh kann derzeit schon die Kelag verfügen. Sie will noch die restlichen 1,3 TWh.

Der Kelag-Chef weiß, dass Wasserkraft im In- und Ausland eine begehrte Ware ist. Wer über sie verfügt, kann bessere Preise erzielen. Die Kelag will mit dem Draustrom in Hinkunft auch den ostösterreichischen Markt beliefern. Egger begründet sein Ansinnen damit, dass Unternehmen, die nicht der ÖSL angehören, beim freien Wettbewerb auf der Strecke bleiben. "Wir haben uns zur Selbständigkeit entschlossen und wollen uns am Markt positionieren." Dabei lässt Egger unerwähnt, dass die Kelag die deutsche RWE, eines der mächtigsten Energieunternehmen Europas, als Partner hat. Er bestreitet sogar, dass RWE hinter der Forderung steht. Sollte die ÖSL von der EU-Kommission genehmigt werden, die Kelag jedoch nicht zufriedengestellt werden, so will Egger das Strombündnis beim EuGH anfechten.

Der Verbund ist verwundert über die Forderung der Kärntner. "Wir werden unser begehrtes Produkt Wasserkraft behalten", meint Verbund-Sprecher Gerald Schulze. "Egger muss sein Unternehmen auf andere Weise wettbewerbsfähig machen." Dem Begehren der Kelag werde man nicht nachkommen, dies sei von Brüssel auch nicht gefordert. Die ÖSL-Partner sind zuversichtlich, dass die EU ihnen keine weiteren Steine in den Weg legt.

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Erläuterungen zur Stromlösung

Die Österreichische Stromlösung (ÖSL) gerät immer stärker unter den Druck der Wettbewerbshüter in Brüssel. Hatte das Ostkonsortium aus Verbund und EnergieAllianz (EVN, Wienenergie, Energie AG ÖÖ, Linz AG und Bewag) zu Anfang noch gedacht, die Klippen am Besten dadurch zu umschiffen, dass man den Zusammenschluss erst gar nicht in Österreich, sondern durch die EU absegnen läßt, so erweist sich dieser Entschluss immer mehr als fragwürdige Entscheidung. Wienenergie-Chef Michael Obentraut gibt gegenüber der "Wiener Zeitung" zu, dass die heimische Wettbewerbsbehörde sich mit weit weniger zufrieden gegeben hätte. Doch in Österreich hat der Energie-Regulator Walter Boltz ein gewichtiges Wort mitzureden und aus Furcht vor dessen Einwendungen wurde der Weg zur EU-Behörde als bessere Variante gewählt.

Boltz wiederum sieht die Probleme der Österreichischen Stromlösung weniger im Faktischen als vielmehr im Psychologischen begründet. Die taktische Ungeschicklichkeit stecke quasi schon im Namen. Denn auf EU-Ebene das Bündnis der heimischen Energieversorger als Abschottungsmöglichkeit gegenüber dem Ausland und patriotisches Unterfangen zu verkaufen, sei mehr als unklug - selbst wenn es wahr ist. Da wäre eine offensive Ansage wie etwa "man will mit einem neuen Energieanbieter den europäischen Markt beleben" bedeutend weitsichtiger gewesen.

Doch ein eventuelles Scheitern der "Lösung" allein dem strategischen Unvermögen der ÖSL-Verhandler zuzuschreiben, wäre unfair. Zu stark sind die Gegner, die den Zusammenschluss verhindern wollen.

Allein in Österreich sind drei Versorger mit ausländischen Partnern verbandelt: Die Kärntner Kelag mit der RWE, die steirische Estag mit der französischen EdF und die Salzburg AG über Ruhrgas mit E.ON. Alle drei sind gewichtige Player am Energiemarkt und haben keine Freude, wenn in Östereich ebenfalls ein solcher entsteht. Obentraut geht davon aus, dass die drei massiv gegen die ÖSL arbeiten. Dass sie diese Arbeit gut verrichten, ist anzunehmen, denn sie sind mit ihren Lobbybüros in Brüssel vertreten und können so viel effizienter Entscheidungen beeinflussen. Lobbying dieser Art müsste daher auch den heimischen Unternehmen in Fleisch und Blut übergehen, um ihre Anliegen durchzubringen.