Das Ehepaar Conway formte die Berichterstattung über den US-Präsidenten: Kellyanne als enge Beraterin, George dagegen als einer der lautesten Trump-Gegner. Beide verlassen nun die Bühne.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Alternative Fakten: Mit dieser Wortschöpfung ist Kellyanne Conway 2017 einem breiten Publikum bekannt geworden. Die ausgebildete Juristin und Meinungsforscherin hatte damals gerade als Wahlkampfleiterin Donald Trump zum Präsidentenamt verholfen. Seiner Amtseinführung im Jänner 2017 blieben aber die Menschen fern, Zuschauerränge waren leer, auf Luftaufnahmen waren große graugrüne Flecken des Rasens bei der Feier, wo niemand stand, zu sehen. Es war ganz anders, als die dicht gedrängten Massen, die vormals bei beiden Inaugurationen von Barack Obama dabei waren.
Trotzdem: Der damalige Pressesprecher Trumps, Sean Spicer, musste vor die Medien treten, und erklären, dass die Inauguration des Präsidenten durch das "größte Publikum" begleitet wurde, das es je gegeben habe. Als das Weiße Haus mit den Luftaufnahmen konfrontiert wurde, rückte Conway aus: Spicer habe nicht gelogen, sondern eben "alternative Fakten" präsentiert.
Das war nicht das letzte Mal, dass Conway als Trump-Beraterin, ohne mit der Wimper zu zucken, offensichtlich Falsches von sich gegeben hat. Sie wurde eines der prominentesten Gesichter des Weißen Hauses. Nun zieht sie sich "aus privaten Gründen" zurück, wie sie am Sonntag überraschend bekannt gab. Ob sie bei der Republican National Convention diese Woche überhaupt noch sprechen wird - auch dort war sie als eine der Hauptattraktionen angekündigt - ist offen.
Langjährige TV-Erfahrung dank extremer Positionen
Conway war definitiv eine der eloquentesten Trump-Apologetinnen. Sie konnte mühelos jeder Geschichte den Spin des Weißen Hauses geben. Dieses Können ist schon vor Trump jahrelang perfektioniert worden. Denn Kellyanne Conway (damals noch Fitzpatrick) gehörte in den 1990er Jahren als Teil der Republikanischen Revolution zu einer Gruppe von jungen, blonden Polit-Expertinnen - wie etwa auch Ann Coulter und Laura Ingraham-, die eine besonders konservative Meinung vertraten und gern in Talk-Shows geladene Gäste wurden. Einerseits wegen ihrer kontroversen, teils extremen Ansichten, andererseits wegen ihres telegenen Aussehens. Oder, wie es Conway damals formulierte: "Mein breiter Horizont und meine schmale Taille haben nicht Platz getauscht."
Angeblich soll Kellyanne Fitzpatrick auch das Interesse von George Conway geweckt haben, als er sie auf einem Magazincover erblickte. Eine gemeinsame Bekannte stellte die beiden einander vor, es folgten eine Heirat und vier Kinder. Alles schien stabil, schließlich gehörte man denselben konservativen Kreisen in Washington an, beide Ehepartner befanden sich im Vorhof der Politik, Kellyanne als Meinungsforscherin, George als Jurist und Teilzeit-Lobbyist. Kellyanne arbeitete im Wahlkampf 2016 zuvor für den republikanischen Trump-Gegner Ted Cruz und attackierte dementsprechend Trump im Fernsehen.
Als Cruz ausschied, wurde Kellyanne in Trumps Wahlkampfteam bald die wichtigste Person, die nicht mit ihm verwandt war. Nach Trumps Sieg sollte George eine wichtige Position im Justizministerium bekommen, aber dieser nahm sich selbst aus dem Rennen. Er wollte mit dieser "Scheißshow, die auf dem Feuer einer Müllhalde brennt" nichts zu tun haben, wie er später erklärte.
Nicht nur das: George war 2019 einer der Mitgründer des Lincoln Projects, einer republikanischen Plattform, die es sich zum Ziel gemacht hat, Trumps Wiederwahl zu verhindern. Auch auf Twitter stachelte er immer wieder gegen den Boss seiner Ehefrau, zuletzt nannte er ihn einen gewissenlosen "Psychopathen oder Soziopathen". Trump bezeichnete ihn deswegen einmal einen "Ehemann aus der Hölle". Auch George gab am Sonntag bekannt, sich aus "familiären Gründen" vom Lincoln Project zurückzuziehen.
Mit ein Grund für den Rückzug der beiden Ehepartner dürfte die pubertierende Tochter Claudia sein, die vehement gegen die Ansichten der Eltern twittert, sich für volljährig erklären lassen wollte und ein großer Fan von Alexandria Ocasio-Cortez ist - die zum linken Spektrum der Demokraten zählt.