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Kenias Gesundheits-Revolutionär

Von Alexander U. Mathé

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Ein Arzt verkaufte sein Haus und startete mit dem Geld eine Initiative, die günstige aber gute medizinische Versorgung bietet.


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Ernest Mureithi hat Geld. Das hat ihm wahrscheinlich das Leben gerettet.

Als Terroristen 1998 die amerikanische Botschaft in Kenia angriffen, befand er sich in einem benachbarten Bürogebäude. Die Explosion brachte die Fenster zum Bersten, die Splitter verwundeten den ausgebildeten Arzt schwer. Mit Müh und Not schaffte er es in ein nahe gelegenes Krankenhaus, das jedoch überfüllt und überfordert war.

 Zum Glück erspähte ihn ein Kollege, der ihn in den Flügel für Privatpatienten brachte, wo jene Menschen bevorzugte Behandlung erhalten, die es sich leisten können. Dieses Ereignis "hat die Art wie ich über Gesundheitsvorsorge denke verändert", sagte der heute 43-Jährige dem "Time"-Magazine.

Lediglich 3 der 45 Millionen Kenianer verfügen Mureithis Schätzungen zufolge über eine Krankenversicherung. Also ist der Bedarf an günstiger ärztlicher Versorgung groß. In öffentlichen Krankenhäusern werden zwar kostenfreie Behandlungen angeboten, doch für Medizin und Bearbeitungsgebühren muss man trotzdem zahlen - abgesehen davon, dass sowohl Qualität als auch Reinlichkeit meist nicht dem erforderlichen Standard entsprechen.

Mureithis Wunsch war es nun, auch der armen Bevölkerung eine adäquate medizinische Versorgung zukommen zu lassen. 2013 war es soweit: Er verkaufte sein Haus und startete das Projekt Miliki Afya - die Volksklinik. Er gründete ein Spital nahe der Hauptstadt Nairobi, in dem ein Arztbesuch einen Dollar kostet. Alles, was darüber hinaus geht, wie diagnostische Verfahren oder Verschreibungen, kostet extra. Dennoch halten sich die Ausgaben im Rahmen: Im Schnitt belaufen sie sich pro Behandlung auf 10 bis 20 Dollar. Das ist zwar gut ein Zehntel des durchschnittlichen Monatseinkommens in Kenia, aber immerhin leistbar und verbunden mit Qualität und Flair einer Privatklinik. "Es ist alles eine Frage des Kostenmanagements", erklärt Mureithi Menschen, die sich darüber wundern, wie er niedrige Gebühren und gute medizinische Versorgung unter einen Hut bringt.

Von einer NGO erhält er Medikamente zum Diskontpreis, Ausrüstung kauft er billigst und stellt in der Verwaltung minderqualifiziertes, aber hochmotiviertes Personal ein, das vor Ort ausgebildet wird. 200.000 Dollar kostet die Errichtung einer Volksklinik. Ist sie mit mindestens 40 Patienten pro Tag ausgelastet, sind nach einem Jahr die Kosten herinnen und sie beginnt Profit abzuwerfen. Diese Auslastung wird bei weitem übertroffen, denn die Volksklinik hat mittlerweile einen so guten Ruf, dass auch Menschen kommen, die sich den Aufenthalt in einem privaten Krankenhaus leisten könnten. Das Erfolgskonzept hat Investoren angelockt, die bereits den Bau von zwei weiteren Volkskliniken ermöglicht haben, fünf weitere sind in Planung. Mureithis Ziel ist es, insgesamt 100 solcher Spitäler zu errichten, die die Gesundheitsvorsorge in ganz Kenia abdecken.